10. 8. 2007



Unterwegs auf einem
vergessenen Fluss

Jüngste Ferienstraße lockt mit Landschaftsidyll - und mit Fähren

Von unserer Mitarbeiterin Ania Zymelka

OSTEN·BREMERVÖRDE. Niedersachsen neu entdecken: Die Ferienrouten zwischen Nordsee und Harz bieten Wissenswertes und Unterhaltsames über das Land, seine Menschen, ihre Geschichte und Kultur. Im heutigen Teil unserer Serie geht es auf der Fährstraße über die Gewässer der Tideoste durch malerische Landschaften von Bremervörde bis nach Neuhaus .

Eingebettet in Deiche, träge geschoben von Ebbe und Flut, umgeben von hohem Schilf und weiten Feldern - zwischen Bremervörde und der Elbe fließt die Tideoste. Sie ist der längste Fluss zwischen Elbe und Weser - und gleichzeitig einer der unbekanntesten. Das könnte sich bald ändern, denn seit einigen Jahren ist sie das niedersächsische Teilstück der Deutschen Fährstraße. Diese führt auf knapp 250 Kilometern von Kiel nach Bremervörde.

Das Ziel der vor drei Jahren gegründeten Ferienroute ist, "alles zu zeigen, was der Mensch ersonnen hat, um ein Gewässer zu überqueren", meint Jochen Bölsche, Sprecher des Arbeitskreises Deutsche Schwebefähren. Alles - bis auf Brücken. Davon gab es bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts auf der gesamten Tideoste nämlich nur eine. Seitdem sind zwar einige dazugekommen, bis heute gilt die Oste aber als "Fluss der Fähren".Die interessanteste ist vermutlich die in Osten (Kreis Cuxhaven), eine von nur acht Schwebefähren weltweit.

Die zweite ihrer Art in Deutschland steht im schleswig-holsteinischen Rendsburg. Beide waren vom Abriss bedroht. Mittlerweile wird dafür geworben, sie zum Unesco- Weltkulturerbe zu erheben. Das Besondere an der Ostener Schwebefähre ist ihr Alter von fast einhundert Jahren und ihre außergewöhnliche Konstruktion. "Sie ist selbstfahrend, funktioniert ganz ohne Seile - und das ist weltweit einmalig", erklärt Jochen Bölsche.

Geschaffen wurde sie von Louis Pinette, der Schüler des Eiffelturm-Erbauers Gustave Eiffel war. Autos befördert die Fähre heute keine mehr, dafür aber stündlich Besucher.Diese können sich auf der Deutschen Fährstraße entweder auf festem Boden mit Rad und Auto bewegen oder die Gewässer der Tideoste nutzen. Das sei ein Geheimtipp, meint Bölsche.

Als einer der saubersten Flüsse Norddeutschlands ist die Oste Heimat zahlreicher Fisch- und Vogelarten und damit ein Paradies für Angler und Ornithologen. Sogar der Lachs laicht heute wieder in ihren Gewässern. Das beliebteste Transportmittel auf der Tideoste sind Motorboote, die allerdings nur mit streng gedrosselter Geschwindigkeit fahren dürfen. Per Kanu kann man den Fluss auch erkunden, das erfordere aber nicht nur viel Muskelkraft, sondern vor allem "die Fähigkeit, einen Tidekalender zu lesen", sagt Gerald Tielebörger, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Osteland.

Auf der knapp 80 Kilometer langen Fahrt zwischen dem Sperrwerk bei Neuhaus und dem Tide-Kilometer Null bei Bremervörde - wo die Gezeiten den Lauf des Flusses zu beeinflussen beginnen - gibt es außer Landschaften und der Ostener Schwebebrücke einiges zu entdecken.

In Neuhaus lädt eine mehr als 200 Jahre alte Spirituosenfirma zu selbst gebranntem Absinth ein. Sportbegeisterte haben es zur Wasserskianlage nicht weit. Und nördlich des Sperrwerks, an dem die Oste in die Elbe mündet und das Naturschutzgebiet beginnt, befindet sich das "Natureum" mit Museum und Freiluftbiotopen. Von hier fährt der "Vogelkieker", ein oben offener Doppeldeckerbus, die Besucher an den Rand des Naturschutzgebiets. Dort können sie Vögel beobachten.

Flussaufwärts bei Oberndorf erwartet die Wasserwanderer eine Rundfahrt auf der 1872 erbauten "Mocambo", dem ältesten Fahrgastschiff Deutschlands. Leckereien aus der Region kann man anschließend im schwimmenden Restaurant auf der ausrangierten Ostseefähre "Ostekieker" entdecken. Auf dem Speiseplan stehen vor allem Fischgerichte.

Die Natur genießen, Flora und Fauna entdecken, den Gaumen verwöhnen und historische Fähren bestaunen - die Fährstraße bietet authentische Regionalkultur vor herrlicher Landschaftskulisse. Bölsche meint, sie sei "eine Reise wert für alle, die das Unberührte und Versteckte schätzen".

Informationen zur Fährstraße im Internet: www.deutsche-faehrstrasse.de im Internet.
 

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