Vom Lokalpatriotismus 
zum Regionalidealismus

Gerald Tielebörger, Vorsitzender der AG Osteland, 
auf dem 2. Tag der Oste am 25. März 2006 in Bremervörde

Die Furt war zunächst. Die Furt bezeichnet eine flache Stelle in einem Bach- oder Flusslauf, an der ein Gewässer zu Fuß oder mit Fahrzeugen überquert werden kann. An Furten von Flüssen entstanden unter anderem im Mittelalter zahlreiche Städte, weil dort Handelswege verliefen und zum Teil auch Zölle erhoben werden konnten. 

Die Furt war � lange vor Fähren und Brücken � ein Ort, der die Passage, die Begegnung, den Handel und den Wandel durch seine seichten Wasser ermöglichte.

Hier, am Standort der ehemals mächtigen Burg Vörde, auch �castrum vorde� genannt, ist solch ein Ort. Gelegen am historischen Ochsenweg von Skandinavien nach Holland führt diese Stadt bezeichnenderweise in ihrem Wappen den heiligen Liborius, der als �Brückenbauer Europas� in die Geschichte eingegangen ist. Allem Anschein nach legte Liborius schützend seine Hände über diesen Ort und ließ diese Stadt zu dem wachsen, was sie heute ist. Ein florierender Wirtschaftsstandort, die Hauptstadt des Elbe-Weser-Dreiecks und Startpunkt der �Deutschen Fährstrasse�. Und heute unser Gastgeber. Als dessen Vertreter begrüße ich herzlich Herrn Eduard Gummich, Bürgermeister in Bremervörde.
Liborius steht nicht alleine. Der heilige Nikolaus von Myra, Schutzpatron der Seefahrer und vieler weiterer Stände ziert das Wappen Hadelns und des Landkreises Cuxhaven. In Vertretung für Herrn Bielefeld heißen wir den stellvertretenden Landrat Herrn Volker Feldmann herzlich Willkommen. 
Stades Wappen birgt keinen Heiligen, sondern die Symbole der Geschichte. Der gräfliche Turm, der bremische Schlüssel und das niedersächsische Ross. Begrüßen sie bitte mit mir Herrn Gunter Armonat, Landrat des Landkreises Stade.
Die Nähe Rotenburgs zu Hannover zeigt der rote Löwe mit dem Kreuz der Verdener Abtei im Wappen des Landkreises. Die Nähe zum Nordkreis besiegeln die gekreuzten Schlüssel Bremervördes. Wir freuen uns sehr, aus dem Rotenburger Kreishaus den Landrat Herrn Hans-Harald Fitschen begrüßen zu können. 

Wir bedanke uns bei Ihnen als Vertreter der drei Landkreise für die Übernahme der Schirmherrschaft unserer Veranstaltung.

Die Furt stand oftmals am Beginn von Erfolgsgeschichten. Wie zum Beispiel jene Furt die dem Ort Cölln, gelegen auf einer Insel in einem Strom, den Zugang gen Süden in die Mark ermöglichte, gen Norden, nach Querung eines Sumpfes den Weg zur Ostsee und zur Oder freigab. Diesen Sumpf bezeichneten die Slawen als �Berl� � Wortstamm für die Stadt, wie sie heute heißt: Berlin. Aus dem Deutschen Bundestag sind heute bei uns Frau Dr. Martina Krogmann, Frau Dr. Margrit Wetzel, Herr Reinhard Grindel und Herr Joachim Stünker. Herzlich Willkommen!

Der Name einer Stadt an einer Furt wurde lange Zeit nicht richtig gedeutet. Bedeutende Wissenschaftler führten den Wortstamm auf das Synonym �Das Hohe Ufer� zurück. Was aber keinen Sinn machte. Denn ein hohes Ufer schließt eine Furt aus. Man einigte sich auf die altsächsische Übersetzung �Schilfufer�. Diese Stadt liegt an der Leine und heißt Hannover, Sitz unserer Landesregierung und des Niedersächsischen Landtages. Von dort begrüßen wir Herrn Hans Jürgen Klein.

Aus den Furten wurden mir der Zeit feste Querungen. Zunächst als Fähren, später als Brücken. Gewässer konnten immer komfortabler überquert werden. Wege und Entfernungen wurden kürzer und angenehmer.

Furten, Fähren und Brücken leisteten Austausch und Aufklärung gewaltigen Vorschub. Jedoch blieben die Entfernungen längs der Flüsse lange Zeit kaum überwindbar. 

Orte, die zu erreichen für uns heute nicht mehr als eine vormittägliche Terminsache bedeutet, waren früher nur vage Erzählungen von Landschaften hinter dem Horizont. Und der Horizont war gerade mal ein Etmal entfernt. Zu Fuß oder per Pferd zurückgelegt. Elke Loewe beschreibt in ihrem Roman �Teufelsmoor� die Reise von Kehdingen nach dem �Bremischen� als ein einmaliges Ereignis im Leben der Menschen seiner Zeit. 

Und � wenn wir ehrlich sind � hat sich bis heute daran kaum etwas geändert. Oftmals fahren wir an unserem Fluss Oste entlang, ohne ihn und die Menschen an seinen Ufern  wirklich zu bemerken. Wer vom Oberlauf kennt schon den Gräpeler Fährmann Helmuth Plate, der tagein, tagaus seinen Fährprahm nur mit seiner eigenen Hände Kraft über die Oste zieht? Oder das Fahrgastschiff �Mocambo�, liebevoll in Wert gehalten von seinen Eignern Eibe von Glasow und Caspar Bingemer, stets bereit für Ausflugsfahrten auf der unteren Oste, die hier so breit ist, dass selbst dieses 24 Meter lange Schiff im Strom wenden kann.

Und wer kennt schon von den �Nordlichtern� des Unterlaufes den Ort, wo alles beginnt? Den Ort nahe Tostedt in der Nordheide, wo unser Fluss geboren wird, wenig später fast zum unbedeutenden Nebenfluss der Wümme wird und sich, trotzig behauptend, mächtiger werdend, doch Geest, Marsch und Meer zuwendet. Wer von hier oben kennt die sanften Windungen des noch jungen Flusses bei Rockstedt, bei Heeslingen oder gar bei Eitzmühlen? 

Wir, die AG Osteland, verstehen uns als Lobby für die ganze Oste. Wir meinen, dass es an der Zeit ist, unseren schönen Fluss so in Wert zu stellen, wie es ihm allemal gebührt. Hierbei unterstützen uns die Volksbanken der Region, deren Vertreter ich heute als unseren Hauptsponsor sehr herzlich begrüßen möchte. 

Es gilt, die Menschen an seinen Ufern zu ehren, die sich um ihn � und somit auch um uns � kümmern. Im Kleinen wie im Großen. Es gilt, auch die Menschen an seinen Ufern zu ehren, die uns an die dunklen Tage in der Geschichte unseres Flusses erinnern und uns Synonyme wie Sandbostel mahnend ins Bewusstsein schreiben.

Es gilt, Zeichen zu setzen. Wie zum Beispiel mit unserer Ausstellung über die malerische Oste. Bilder des Flusses, sorgfältig zusammengetragen von unserem Mitglied Wolf-Dietmar Stock aus Fischerhude. Zu sehen im Mai hier in Bremervörde, später in Neuhaus und in Sittensen.

Es gilt, der Region �Osteland� eine Identität zu geben. Und diese Identität zu fördern. Mit allen Kräften. Vor genau einem Jahr hofften wir als AG Osteland am Tag der Oste 2005 auf unser 50. Mitglied. Das hat auch fast geklappt. Heute � ein Jahr später � freuen wir uns über annähernd 120 Mitglieder. Schließen Sie sich uns gerne an. Heute. Wir freuen uns auf Sie. Zusammen bewegen wir, was der Einzelne nicht vermag. Kirchturmdenken zu Weitsicht.  Lokalpatriotismus zu Regionalidealismus. 

Ich wünsche Ihnen Kurzweil und die dicksten Stücke in der Fischsuppe.

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