Die Oste 2015

Auf dem Weg zum
"guten ökologischen Zustand"

Vortrag von Dorothea Altenhofen beimTag der Oste 2006 in Bremervörde

Dorothea Altenhofen ist Geschäftsbereichsleiterin III "Gewässerbewirtschaftung" in der Betriebsstelle Stade des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN)

Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz ist einerseits Nachfolgeorganisation der früheren Wasserwirtschaftsämter, hat aber auch Kollegen und Aufgaben der ehem. Bezirksregierungen übernommen, soweit Wasserwirtschaft und Naturschutz betroffen sind.

Wir sind mit unserer Direktion in Norden und 11 Betriebsstellen im Land unter anderem auch in Stade vertreten. Dort leite ich den Geschäftsbereich Gewässerbewirtschaftung, der u. a. für die Umsetzung der EG-Wasserrechtsrahmenrichtlinie (WRRL) zuständig ist. Unsere regionale Zuständigkeit umfasst den Altkreis Bremervörde, den Landkreis Stade und den Landkreis Cuxhaven.

Der "gute ökologische Zustand" bzw. das gute ökologische Potenzial sind das wesentliche Ziel, dessen Erreichen die EG-WRRL für unsere Flüsse und Seen bis zum Jahr 2015 fordert.

Der gute ökologische Zustand eines Gewässers soll dabei nur geringfügig von dem Zustand abweichen, in dem das Gewässer ohne Beeinflussung durch den Menschen wäre. Und hier steckt auch schon gleich der erste Haken.

Erstens gibt es in einer Kulturlandschaft wie Deutschland kaum noch vom Menschen unbeeinflusste Gewässerabschnitte, die uns als Referenz dienen könnten, an denen wir uns also ansehen könnten, wie das zu erreichende Ziel aussieht. Zweitens beabsichtigt die Richtlinie nicht, menschliche Nutzungen auszuschließen. Deshalb werden auch gleich in Artikel 4 Nutzungen definiert, die die Ansprüche an die Zielerreichung herabsetzen können. Hierzu gehören z. B. Schifffahrt, Landentwässerung, Trinkwasserversorgung oder Hochwasserschutz.

Kommen wir aber zurück zur Umsetzung der EG-WRRL an der Oste. Dazu sind folgende Schritte nötig: Zunächst haben wir den Ist-Zustand beschrieben. Diese Bestandsaufnahme(PDF-Datei hier) ist im März 2005 termingerecht an die Europäische Union gegangen. Als nächsten Schritt sind Monitoringprogramme zu entwickeln.

Diese dienen einerseits zum Schließen von Datenlücken, die im Zusammenhang mit dem Bericht 2005 aufgefallen sind. Andererseits sollen sie aber auch Ursachen für noch bestehende Defizite aufdecken und schließlich dienen diese Untersuchungsprogramme dazu, Maßnahmen zu begleiten, die die Oste dem guten ökologischen Zustand ein ganzes Stück näher bringen. Diese Monitoringprogramme müssen bis Ende diesen Jahres an die EU gemeldet werden.

In einem nächsten Schritt sind Maßnahmenprogramme und Bewirtschaftungspläne aufzustellen, mit deren Hilfe noch bestehende Schwachstellen am Gewässer beseitigt werden können. Das sollte bis Ende 2009 geschehen, und bei all dem wollen wir die Öffentlichkeit angemessen beteiligen.

Kommen wir aber jetzt zur Bestandsaufnahme:

Zunächst ist da die biologische Gewässergüte, die sich auf den sog. Saprobienindex stützt. Dieser wurde ursprünglich entwickelt, um besonders Verschmutzungen durch Kläranlagen zu erfassen. Er stützt sich darauf, dass ein Biologe die wirbellosen Tiere untersucht, die am Gewässergrund leben und mit bloßem Auge noch sichtbar sind, Es handelt sich also um Tiere wie Schnecken, Würmer, Insektenlarven und Käfer. Anhand der Zusammensetzung von deren Lebensgemeinschaft lässt sich eine Zahl ermitteln, der sog. Saprobienindex, mit dessen Hilfe man einen Gewässerabschnitt einer Gütestufe in einem siebenstufigen System zuordnen kann. Das sind die vielen bekannten Güteklassen (GK) l bis IV mit den Zwischenstufen l-ll, ll-lll und III-IV.

Als weiterer Parameter zur Beurteilung der Oste diente die Gewässerstruktur. Unter Gewässerstruktur versteht man Eigenschaften eines Gewässers, die etwas damit zu tun haben, wie vielfältig der Lebensraum ist. Dazu gehört z. B. Tiefen- und Breitenvarianz, Unterstandsmöglichkeiten für Fische, Laichmöglichkeiten z. B. auf einer kiesigen Gewässersohle, aber auch die Durchgängigkeit für Wanderfische wie den Lachs.

Unter Schadstoffen verstehen wir hier vor allem die sog. Prioritären Stoffe. Das sind Stoffe der RL 76/464 EWG, die für die Umwelt entweder besonders gefährlich sind oder z. B. bei der Produktion in der chemischen Industrie in besonders großen Mengen in die Umwelt geraten. Hierzu gehören z. B. einige Schwermetalle (Cd, Pb, Ni, Hg), einige PBSM und andere Stoffe aus der Industrie wie PAK. Als weitere biologische Parameter werden beurteilt: Makrophyten, Phytobenthos (Kieselalgen), Phytoplankton. Und unter sonstige Belastungen fällt z. B. der Sauerstoffhaushalt, die Temperatur, Nährstoffbelastung, Versauerung etc.

Kommen wir aber zurück zur Gewässergüte: Wenn man die Lebensgemeinschaft der Wirbellosen untersucht und den Saprobienindex berechnet, ergibt sich daraus folgende Gewässergüte:

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Die Karte zeigt, dass für große Teile des Einzugsgebietes der Oste in Bezug auf die biologische Gewässergüte das Ziel der EG-WRRL schon erreicht ist. Ich habe hier die Einleitungen aus kommunalen Kläranlagen einmal eintragen lassen, um zu zeigen, dass diese heutzutage kaum noch eine Rolle spielen. Es gibt heute genügend technische Möglichkeiten, solche Abwässer hinreichend zu reinigen. Lediglich an einer einzigen Stelle war im Jahr 2000, auf das sich diese Gütekarte bezieht, noch eine Kläranlage für eine Verschlechterung der Güteklasse verantwortlich. Das war die Kläranlage Kutenholz. Diese Abwässer werden aber inzwischen per Druckrohrleitung nach Fredenbeck geleitet, wo sie entsprechend dem heutigen technischen Stand gereinigt werden. Dies dürfte inzwischen zu einer Verbesserung der Gewässergüte der Otter an dieser Stelle geführt haben.

Im Bereich des Oste-Hamme-Kanals sowie des Oereler Kanals dürften Gewässerstruktur sowie anmoorige Einzugsgebiete Gründe für die schlechtere Einstufung sein. Bei der Großen Rönne sind im Unterlauf hohe Nährstoffgehalte für die schlechtere Einstufung verantwortlich. Aber im Großen und Ganzen ist in Bezug auf die Gewässergüte im Einzugsgebiet der Oste schon vieles in Ordnung.

Anders sieht das aus, wenn wir einmal auf den nächsten Punkt - nämlich die Gewässerstruktur - schauen. Unter Gewässerstruktur versteht man Eigenschaften wie Durchgängigkeit für Wanderfische, Tiefen- und Breitenvarianz, Kolke, steile Prallhänge, flache Gleithänge - kurz: Der Lebensraum sollte möglichst unterschiedlichen Ansprüchen seiner �Bewohner" gerecht werden. Bei der Bewertung für die Bestandsaufnahme der EG-WRRL hat man die Punkte Gewässergüte, Gewässerstruktur und �Prioritäre Stoffe" zusammengefasst und kommt dann auf folgende Weise zu einer Gesamtbewertung.


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Viele weitere Oste-Karten hier

Die vorläufige Bewertung sieht dann im Einzugsgebiet der Oste folgendermaßen aus. Rot dargestellte Gewässerabschnitte würden nach ihrem Zustand 2004 die Ziele der WRRL nicht erreichen, wenn sich bis 2015 nichts ändert (21%). Die grün dargestellten Abschnitte sind in Ordnung (9%) und bei den schwarz dargestellten Gewässerabschnitten ist die Zielerreichung unklar (70%).

Das liegt z. T. auch daran, dass noch Daten oder Bewertungsmaßstäbe fehlen. Letzteres gilt ins Besondere für die Marschengewässer. Deshalb wird in einem Pilotprojekt, das vom Landkreis Stade und uns initiiert wurde und wo der Unterhaltungsverband Kehdingen als Träger fungiert, der Versuch unternommen, Referenzzustände für unterschiedliche Marschengewässer zu definieren.

Eines der in diesem Zusammenhang untersuchten Gewässer ist auch der Hackemühlener Bach. Untersucht werden Fische, Wirbellose und Makrophyten - also höhere Pflanzen. Besonders von den höheren Wasserpflanzen verspricht man sich Aufschluss, da diese häufig die Grundlage für weitere Lebensgemeinschaften an und in Marschengewässern bilden. Außerdem existieren für diese höheren Pflanzen häufig Untersuchungen oder Zeitzeugenberichte, so dass man eine Idee vom Zustand vor einigen Jahrzehnten bekommen kann. Dieser Zustand könnte möglicherweise als Referenz dienen.

Wenden wir uns möglichen Maßnahmen zu, die helfen können, die Oste in den von der WRRL geforderten �guten ökologischen Zustand" zu versetzen. Solche Maßnahmen sind z. B. im Gewässerentwicklungsplan für die Obere Oste aufgeführt. Dazu gehören:

> Bestehende Eigendynamik fördern z. B. durch Querbuhnen, Reisigfaschinen, Totholz...
> Gewässerrandstreifen ohne Nutzungsansprüche
> Flächenhafte Nährstoffeinträge verringern
> Schonende Gewässerunterhaltung
> Optimierung des Uferverbaus Standortgerechte Ufergehölze
> Erhalt/Wiederanschluss von Altarmen (Flutmulden)
> Erhöhung der Durchgängigkeit
> Sandfang (z. B. Knüllbach oder Kuhbach).

Ein Beispiel für eine gelungene Maßnahme am Gewässer ist in unseren Augen die Deichrückverlegung bei Hude - Gräpel, die ein Altarm ähnliches Gewässer entstehen ließ. Weitere ähnliche Maßnahmen sind geplant.

Und last but not least haben wir zum Zwecke der Öffentlichkeitsbeteiligung nach Artikel 14 EG-WRRL eine Gebietskooperation für das Einzugsgebiet der Oste gebildet. In ihr sind Interessierte und Wassernutzer vertreten, denen das Gewässer vertraut ist*. Wir sind auf die Kooperationsmitglieder angewiesen, um die für die Region passende Lösung zu finden.


* Mitglieder der Gebietskooperation Bearbeitungsgebiet 30 Oste:
Landkreis Cuxhaven, Herr Wortmeyer / Herr Lesch, 27470 Cuxhaven
Landkreis Stade, Herr Tönjes, 21677 Stade
Landkreis Rotenburg/Wümme, Herr Engelhardt, Postfach 1440, 27344 Rotenburg/Wümme
Landkreis Harburg, Herr Francois, Schloßplatz 6, 21423 Winsen/Luhe
Unterhaltungsverband Nr. 18 Kehdingen, Herr Heinsohn, Postfach 1142, 21735 Wischhafen
Unterhaltungsverband Nr. 20 Untere Oste (führt den Vorsitz bzw hat die Geschäftsleitung inne), Herr Tiedemann / Herr Gerdes, Oestinger Weg 40, 21745 Hemmoor,
Unterhaltungsverband Nr. 29 Obere Oste (hat die stellvertretende Geschäftsleitung inne), Herr Pape / Herr Meyer, Meyerstr. 15, 27404 Zeven
Herr Heermann, IHK Stade für den Elbe-Weser-Raum, Am Schäferstieg 2, 21680 Stade,
Herr Dipl.-Biol. Främbs, Hollerlander Weg 68, 28355 Bremen
Samtgemeinde Oldendorf, Herr Wartner, Dorfstr. 20, 21726 Kranenburg,
Samtgemeinde Zeven, Herr Burow, Am Markt 4, 27404 Zeven
WBV Wingst, Herr Warncke, Hasenbeckallee 3, 21789 Wingst
Landwirtschaftskammer, Bezirksstelle Bremervörde, Herr Rotermund, Albrecht-Thaer-Str. 6a, 27432 Bremervörde
Forstamt Harsefeld, Am Amtshof 1, 21698 Harsefeld
Nds. Landvolk Land Hadeln, Herr Hinrich Söhl, Hemsotherstr.16, 21769 Lamstedt
Nds. Landvolk Zeven, Herr Georg Rathje, Zum Eichenhof 7, 27419  Gr. Meckelsen
Nds. Landvolk Stade ,Herr Hauschild, Bleichergang 12, 21680 Stade,
Fischereiverband,  Herr Peters, Danziger Str. 8, 27404 Zeven,
Sportfischereiverband Weser-Ems e.V., Herr Dr. Salva, Mars-La-Tours-Str.6, 26121 Oldenburg,
Wasser- und Schifffahrtsamt Cuxhaven, Herr Isheim, Am Alten Hafen 2, 27472 Cuxhaven
NLWKN-Betriebsstelle Stade (hat die Geschäftsführung der Gebietskooperative inne), Frau Altenhofen/ Herr Rebehn, Harsefelder Str.2, 21680 Stade



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