Weichenstellung
für die Zukunft

Rede von Jochen Bölsche
(AG Osteland) zur
Eröffnung der Tourist-Info
Hemmoor am 13. Mai 2011


Sehr geehrte Herren Bürgermeister, meine Damen und Herren,

über die heutigen Eröffnung der Tourist-Info freuen wir von der AG Osteland uns aus zwei Gründen.

Erstens ist unsere Arbeitsgemeinschaft - gegründet in der Samtgemeinde Hemmoor, wo vier von sieben Vorstandsmitglieder wohnen - trotz mittlerweile 430 Mitgliedern aus der gesamten Flussregion nach wie vor ein Verein mit starken Hemmoorer Wurzeln.

Zweitens haben die einstigen - mit dem heutigen Tag ersichtlich weitgehend überwundenen - tourismuspolitischen Defizite Hemmoors 2003/04 den Ausschlag zur Gründung der AG Osteland gegeben.

Erinnern wir uns: Das sogenannte WR-Gutachten war zu einem keineswegs schmeichelhaften Urteil über die touristischen Bemühungen Hemmoors gekommen, und der damalige Tourismus-Verantwortliche des Landkreises, Uwe Kühne, kritisierte öffentlich, Hemmoor bewege sich touristisch "vom Null-Image zum Negativ-Image". Das überragende Wahrzeichen der Region, die damals noch so genannte "Ostener" Schwebefähre, war vom TÜV wegen Baufälligkeit stillgelegt und von vielen Politikern stillschweigend aufgegeben worden. Das ehemalige Empfangsgebäude des Hemmoorer Bahnhofs war ein Schandfleck mit zerschlagenen Scheiben, die "Mocambo" abgewandert aus der Samtgemeinde und einer Bürokratie ausgesetzt, die keine Bordtrauungen zulassen wollte. Das Osteland als touristische Marke war damals absolut unbekannt.

In dieser Situation fand im Herbst 2003 der Aufruf, eine AG Osteland zu gründen, besonders starke Resonanz in der Unternehmergemeinschaft Hemmoor um Wolfgang Fels, Gerald Tielebörger, Johannes Schmidt, Bernd Brauer und Bernd Jürgens und bei der IG Bahnhofstraße um Curt Schuster, Gunda Wiebusch und andere sowie bei den hiesigen Tourismuspionieren Hubertus von Marschalck, dem Begründer des führerscheinfreien Wassertourismus auf der Oste, und dem Fährvereinsvorsitzenden Horst Ahlf, der damals gerade ein Sieben-Flüsse-Wasserwanderroute konzipierte.

Impulse aus dem Kreis der elf Gründungsmitglieder, alle aus der Samtgemeinde Hemmoorer, führten im März 2004 zur Vorlage einer von mir verfassten Denkschrift mit dem Titel "Großer Bahnhof für Hemmoor - Drehscheibe für den Tourismus, Weichenstellung für die Zukunft" und dem Untertitel "Konzept für die Umnutzung des ehemaligen Empfangsgebäudes auf dem Bahnhof Hemmoor".

Das Papier fand zunächst ein geteiltes Echo. In der NEZ kommentierte Wiebke Kramp die Anregungen aus dem Kreis der Ehrenamtlichen als "Steilvorlage für die Politik", ein prominenter Hemmoorer dagegen reagierte mit der Frage: "Wer soll denn in Hemmoor Urlaub machen?" - als ob nicht damals schon Attraktionen wie der Kreidesee oder der Geesthof Abertausende von Touristen angezogen hätten.

In den sieben Jahren und zwei Monaten, die seither vergangen sind, hat sich viel getan, vor allem in der Ära Brauer bzw. Brauer/Poit oder - noch besser - in der Ära Brauer/Poit/Köster. Allerdings: Vieles, das in den Konzepten aus dem Herbst 2003 und dem Frühjahr 2004 stand, klang in den Ohren mancher Kommunalpolitiker zunächst utopisch, etwa

- die Gründung einer Deutschen Fährstraße, die allerdings schon im Mai 2004 realisiert wurde und die emittlerweile von der Deutschen Zentrale für Tourismus in über 20 Sprachen beworben wird und selbst in Japan bekannt ist,

- oder das Ziel, für die acht verbliebenen Schwebefähren den Weltkulturerbe-Status zu erreichen - was für Bilbao bereits 2005 verwirklicht werden konnte und, was die übrigen sieben Fähren betrifft, Gegenstand eines im vorigen Monat beschlossenen supranationalen Sammelantrags an die Unesco ist, der unter Federführung Argentiniens eingebracht werden soll.

- die Forderung nach neuen Anlegern für Fahrgastschiffe - inzwischen ist, am vorigen Wochenende, in Großenwörden ein weiterer moderner Großschiffanleger eingeweiht worden, der fünfte nach Balje, nach Oberndorf, Osten und Hechthausen-Klint, alle mit einheitlichen Stationsschildern ausgewiesen als Teil der Blauen Route der Deutschen Fährstraße.

- der Plan, ein Fährmuseum und einen Fährmarkt zu schaffen - izwischen gibt es neben dem Fährmarkt sogar zwei Fährmuseen, die Fährstuv in Osten und die Internationale Schwebefähren-Infomeile in Basbeck, deren weiterer Ausbau angestrebt wird ist,

- schließlich als zentraler Punkt  enthält die Demkschrift vom März 2004 die Anregung, ein Büro im Bahnhof als Tourist-Info für die Deutsche Fährstraße Süd einzurichten, als Gegenstück zur TI NOK in Rendsburg.

Mittlerweile allerdings gibt es von Hemmoor aus sehr viel mehr zu bewerben als nur die Deutsche Fährstraße. Denn die Samtgemeinde ist inzwischen Standort bzw. - je nach Sichtweise - Ausgangs- oder Endpunkt vieler anderer touristischer Attraktionen.

- Vorige Woche erst wurde mit der Aufstellung von zehn weiteren Infotafeln die "Historische Ostedeich-Route" komplettiert, die von Osten nach Belum führt.

- In Osten beginnt bzw. endet die neue Nordroute der Niedersächsischen Milchstraße, die voriges Wochenende mit dem 2. Milchtag in der Gläsernen Molkerei Hasenfleet ihr Zweijähriges feiern konnte.

- In Hechthausen - und damit ebenfalls in der Samtgemeinde Hemmoor - beginnt eine innovative, GPS-gestützte "Oste-Natur-Navi"-Route, die vom Stader Verein zur Förderung von Naturerlebnissen eingerichtet worden ist und die am 1. Juni in Gräpel von Umweltminister Sander eröffnet wird.

- Im Rande der Samtgemeinde, an der Ecke Ostedeich/Rönndeich, beginnt die sogenannte Deutsche Krimistraße durch das Krimiland Kehdingen-Oste, das erneut viel Beachtung in Presse und Fernsehen finden wird, wenn - voraussichtlich im Herbst  - der 50. Krimi erscheint, der hier handelt bzw. hier geschrieben worden ist.

- Neben dem Krimitourismus - der es übrigens in der Samtgemeinde Oldendorf rund um die legendäre "Anna aus Blumental" und den "Isern Hinnerk" bereits zu schöner Blüte gebracht hat -  ist auch auch der Orgeltourismus nicht zu vernachlässigen: Osten mit der St.-Petri-Kirche ist Teil einer weltweit einzigartigen Orgellandschaft, die bereits Ziel von mehrtägigen Schiffs- und Busexkursionen ist.

- Ein großes Potential bieten weiterhin Wassersport und Wassertourismus auf der Oste. Die alljährliche Hemmoorer Rudermarathonregatta hilft ebenso wie die Oberndorfer Regatten und die Pappbootrennen in Neuhaus, Aufmerksamkeit für den Fluss zu wecken. Um diesen Trend zu verstärken, verbreiten die Mitglieder unseres Osteland-Arbeitskreises Blaues Netz Oste bundesweit 700o Exemplare eines kostenlos abgegebenen neuen Oste-Hafenführers.

- Und schließlich hilft uns - neben der besten Tauchbasis der deutschsprachigen Länder, demnächst mit Hotel und hoffentlich einem Rundwanderweg am Kreidesee - noch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal: Osten ist Sitz der Arbeitsgemeinschaft Wanderfische der 7800 Sportfischer an der Oste, deren Bemühungen um die Wiederansiedlung von Lachs und Stör ein großes Thema in der Anglerpresse sind und uns die Chance bieten für eine Wiederbelebung des Angeltourismus an unserem Fluss.

All denen, die geholfen haben, diese Projekte zu entwickeln und damit vermarktbare Angebote auch für die neue Tourist-Info Hemmoor zu schaffen, sage ich herzlichen Dank; fast alle beteiligten Akteure sind sind Mitglied in der AG Osteland.

Bei all den erfreulichen Neuerungen sollte allerdings nicht vergessen werden, wer vor Jahren die ersten Anstöße gegeben hat - und das waren, neben einigen Kommunalpolitikern, Menschen mit Bürgersinn wie Curt Schuster oder Birte Zöllner von der IG Bahnhofstraße, die das Architektenkonzept für das Empfangsgebäude, einen Ideenwettbewerb für Schüler des Gymnasiums und schließlich den Verkauf des Bahnhofs an den mutigen Investor vorangebracht haben.

Natürlich bleibt noch viel zu tun - vor allem der politische Kampf für eine Erweiterung des HVV, die verhindern kann, dass die Menschen nördlich von Himmelpforten weiterhin in einer Art Wuchertarifzone leben, die dazu führt, dass viele Pendler auf volkswirtschaftlich und ökologisch unsinnige Weise den Bahnhof Hemmoor meiden und lieber per Auto nach Himmelpforten fahren und erst dort in den Metronom steigen. Aber das ist ein anderes Thema.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche den Hemmoorer Touristikern viel Erfolg und viel Freunde bei ihrer Arbeit.

www.osteland.de
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