Das "Jahr der
Oste" - ein Erfolg

Rede von Jochen Bölsche beim
Fest zum 25-jährigen Bestehen
derHeimatfreunde Oberndorf
am 11. Oktober 2009

Vorsitzender Kuhne begrüßt die Mitglieder


Meine Damen und Herren, liebe Freunde,

ich freue ich mich sehr, Ihnen  die Grüße und Jubiläumsglückwünsche der AG Osteland überbringen zu können - und das nicht nur, weil ich selber seit einem Jahr diesem Heimatverein angehöre: Mit den Heimatfreunden Oberndorf, wie generell mit allen Heimatvereinen entlang der Oste, verbindet die AG Osteland eine gute, enge Zusammenarbeit.

Speziell in hier Oberndorf hat sich das daran gezeigt, dass in der ersten Jahreshälfte drei gemeinsame Veranstaltungen von AG Osteland und Heimatfreunden stattgefunden haben, bei denen unsere Osteland-Kulturpreisträgerin Grit Klempow vor insgesamt über 100 Zuhörern bei Räucherfischteller und maritimer Musik aus ihrem wunderschönen Oste-Fährenbuch "Hol över" gelesen hat. Und auch bei zwei ebenfalls ausgebuchten Informationsveranstaltungen zum Thema Oste-Stör mit Gisela Tiedemann und Wolfgang Schütz haben wir gut zusammengearbeitet.

Nicht zuletzt auch aufgrund der vielfältigen Bemühungen von Mitgliedern des Heimatvereins - Stichwort Reeperbahn, Stichwort Heimatstube, Stichwort Pro 7, Stichwort Unser Dorf hat Zukunft - hat Oberndorf eine Führungsrolle bei den Bemühungen übernommen, das Osteland insgesamt touristisch zu beleben. Aus diesem Grund auch ist, wie Sie wissen, Oberndorf - vertreten durch den Bürgermeister und den IOV-Vorsitzenden -  im Frühjahr als bislang einzige Gemeinde mit dem sogenannten Oste-Oscar ausgezeichnet worden, dem Osteland-Kulturpreis "Der Goldene Hecht".

In der Strategie der AG Osteland kommt Oberndorf in mehrfacher Hinsicht eine Schlüsselrolle zu - und zwar gleich in vier zentralen Projekten, die wir versuchen vorantreiben.

1. Mit zwei Objekten, alten Ostseefähre "Ostekieker" und der Klappbrücke - und zusätzlich vielleicht künftig auch mit einer Prahmfähren-Nachbildung - ist Oberndorf eine wichtige Station auf unserer 2004 eröffneten Deutsche Fährstraße mit ihren drei verschiedenen Routen für Radfahrer, Auto- und Wohnmobilfahrer sowie Wassersportler und Wassertouristen. Da hat sich viel getan - ich nenne nur den neuen Mocambo-Anleger, die neue Fährpromenade, den neuen Wohnmobil-Stellplatz, dazu Radlers Rast mit dem immer vorbildlich aktuellen Schaukasten mit seinen vielen Informationen für Touristen und Einheimische.

2. In unserem kulturtouristischen Projekt Krimiland Kehdingen - Oste ist Oberndorf als Mocambo-Heimathafen der wichtigste Standort; nirgendwo in der Region sind mehr Krimis vorgestellt worden als hier.

3. Die von uns mit vorangeschobene Förderung des Milchtourismus - Stichwort: Nordverlängerung der Niedersächsischen Milchstraße in Richtung Oberndorf, Geversdorf und Wingst - hat durch die erfolgreiche Umwandlung der Molkerei Hasenfleet zur Gläsernen Molkerei und durch den großartigen 1. Hasenfleeter Milchtag enorme Impulse bekommen.

4. Die Wiederansiedlung des Störs - auch um den Fluss bekannter zu machen und den nach 1989 eingebrochenen Angeltourismus wiederzubeleben - ist in keiner Gemeinde an der Oste so begeistert aufgegriffen worden wie in Oberndorf. Stichworte: das Stördenkmal "Hein Stör", die Kaviarnächte und der geplante Informationspavillon zum Thema Stör, Lachs und Sportfischerei.

Nach dieser Vorbemerkung komme ich zum Jahr der Oste, zu dem ich ja eigentlich sprechen soll. Als ich im Frühjahr 2007 vorgeschlagen habe, das Jubiläumsjahr der Schwebefähre, 2009, bitte nicht nur in Osten selber zu feiern, sondern als Festjahr am gesamten Fluss zu begehen, da habe ich von diesem Impuls viel erwartet und noch mehr erhofft. Die Resonanz hat alle meine Erwartungen und alle meine Hoffnungen weit übertroffen.

Heute, nach dem großen Fährjubiläum und nach Anbruch des letzten Quartals  - also sozusagen in der Zielgeraden des Jahres der Oste - läßt sich eine stolze Zwischenbilanz ziehen: Mehr als 420 Veranstaltungen mit thematischem und geografischem Ostebezug sind uns bis Jahresende gemeldet worden. Nie zuvor hat das Osteland in gleicher Weise all seine Reize so weit entfaltet wie in diesem Jahr, nie zuvor war die Flußidentität, das Gefühl des "Wir an der Oste", dermaßen stark ausgeprägt.

Wir an der Oste brauchten keine mit Experten besetzten externen Planungsbüros, keine teuer bezahlten Helfer, keine professionelle Intendanz, um dieses in seiner Vielfalt einzigartige Festprogramm auf die Beine zu stellen: Bewirkt hat das alles die Kraft und die Kreativität des Ehrenamtes. Nur im Ausnahmefall hat der Vorstand der AG Osteland selber mal eine Veranstaltung organisiert wie etwa den Ball der Oste.

In der Regel aber reichte ein Impuls, und eine Art Schwarmintelligenz, wie wir sie bei Fischen und Vögeln bewundern, hat dafür gesorgt, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft überall an diesem 150 Kilometer langen Fluss dasselbe Ziel ansteuerten: unser Osteland voranzubringen, zumindest nicht weiter zurückfallen zu lassen.

Oberndorf wiederum ist dafür das beste Beispiel: Wir waren dabei, wie Hunderte von Zuschauern nach Neujahr am Mocambo-Anleger die Papierschiffchen-Kunstaktion "Von Tostedt nach Tonga" verfolgt haben. Albertus Lemke hat für den Ball der Oste in Iselersheim eine exquisite Delikatessen-Tombola mit dem Motto "Fluss der Genüsse" vorbereitet. Mehrere Vereine haben das Störfest organisiert, die Kinder der Kiebitzschule haben Störe gemalt. Der TSV mit Carsten Lemke hat erstmals ein Fußballturnier mit zwölf Mannschaften von der gesamten Oste um den Oste-Cup organisiert, Raimund Adametz und andere haben zur Veranstaltung "Kultur an der Oste" beigetragen, dazu kommen der unvergessliche Besuch der Clipper-Skipper mit dem Traditionssegler "Albatros", das Kanustaffelrennen, natürlich die Segelregatta der SGO um den Nordsee-Elbe-Cup, die vielen Sonderführungen durch die Heimatstube und vieles mehr.

Ich kann aus Zeitgründen nicht auf alle Veranstaltungen eingehen, lasse daher die Obere Oste beiseite und auch das umfangreiche Veranstaltungsprogramm zum gelungenen Jubiläum der Schwebefähre, das uns allen ja noch in frischer Erinnerung ist.

insgesamt haben an der Oste Tausende allein an Sportveranstaltungen teilgenommen: an den Radtourenfahrten "Biking auf der Milchstraße" und der "Tour de Oste" (die auch durch Oberndorf führte) oder der Jubiläumsbefahrung der Deutschen Fährstraße, an einem weiteren Fußballturnier in Hollnseth um den Osteland-Pokal, in Osten an den sogenannten "Sporttagen an der Deutschen Fährstraße". Und wie in Oberndorf hat überall am Fluß Wassersport und Sport am Wasser eine große Rolle gespielt - vom Tauziehen über der Oste in Hechthausen und Burweg über zwei Lichterfahrten in Osten und das Oste-Rudermarathon in Hemmoor bis hin zum traditionellen Pappbootrennen in Neuhaus.

Wir an der Oste haben unseren Fluss aber auch als Fluss der Künste und der Kultur erlebt. Wiederum Abertausende haben in Bremervörde, in Osten und in Neuhaus die Bilder des wiederentdeckten großen Ostemaler Diedrich Rusch und Karl-Otto Matthaei betrachtet, sie haben die vielen Orgel- und Chorkonzerte zum Jahr der Oste und die Ausstellungen - unter anderem zum Thema afrikanische Kunst - in den Kirchen am Fluss besucht, haben das große Shantyfestival in Schwarzenhütten und das Programm des Hamburger Theaterschiffs genossen, die Blasmusiktage in Hechthausen und in Osten oder den Auftritt des Elb-Sängers Rolf Zuckowski und die Hullen-Kunstausstellung in Balje und ungezählte liebenswürdige kleine Veranstaltungen wie die Uraufführung des Marionettenstücks um den legendären Oste-Hecht mit der goldenen Krone in Hechthausen; dazu kommt am 17. Oktober noch die Gedenkveranstaltung an den in Warstade aufgewachsenen Peter Rühmkorf, der ebenso wie der im selben Jahr in Nartum verstorbene Walter Kempowski die Oste zum "Fluss der großen Dichter" gemacht hat.

Wir an der Oste freuen uns aber auch über das Engagement der Kirchen, die eine  Tourismustagung, Blaskonzerte und einen ökumenischen Gottesdienst an der Schwebefähre veranstaltet haben, und das Engagement der Schulen: der Grundschule Bremervörde-Innenstadt, der Osteschule Hemmor, des Gymnasiums Warstade, der (bereits erwähnten) Kiebitzschule Oberndorf und der Grundschule Neuhaus, deren Schülerinnen und  Schüler in Projektwochen zum Jahr der Oste den Heimatfluss gemalt, fotografiert und erkundet haben.

Wir an der Oste haben unseren Fluss aber auch als Fluß mit Vergangenheit kennengelernt - dank vieler Mitglieder der Heimatvereine und der AG Osteland, die zum Ostejahr Historienspiele, Mittelaltermärkte, einen Fährmarkt in Osten und am 1. Mai erstmals einen Tag der Fähren in Gräpel, Brobergen und Osten veranstaltet haben, dank einer Ausstellung über die Bremervörder Hafengeschichte, dank Günther Lunden und Walter Zeeck, die Geversdorf und dessen Schiffbau- und Fischereigeschichte vorgestellt haben, dank des Heimatvereins Hechthausen, der einen Abend zur Deichbaugeschichte angesetzt hat, dank des Heimatvereins Osten, der seinen Mitgliedern das Leben an der Schwebefähre vor 100 Jahren nahegebracht hat, dank der Aktiven in Hemmoor und Osten, die gleich zwei neue museale Einrichtungen zum Thema Schwebefähre geschaffen haben: die Fährstuv in Osten und die im März eröffnete Internationalen Schwebefähren-Infomeile in Basbeck, schließlich dank all der Heimatfreunde an der unteren Oste, auch und gerade in Oberndorf, die Tafeln für den geplanten historischen Deichwanderweg erarbeitet haben.

Wir an der Oste haben unseren Fluss zugleich als Fluß der Landwirtschaft erleben dürfen - mit der erstmaligen Verlegung des norddeutschen Apfelsaisonstarts vom Alten Land nach Osten, mit der von der Hasenfleeter Genossenschaft vorangetriebenen Öffnung der Molkerei für den Tourismus, mit einer Reitsportausstellung in Großenwörden, mit der gemeinsamen Osteland-Tortenaktion der Landfrauen aus drei Kreisverbänden, die mit ihren Torten, einem neuen Rezeptbuch und ihren Landfrauencafés entlang der Oste so etwas wie eine "Deutsche Tortenstraße" kreiert haben, wie eine Zeitung schrieb.

Überhaupt die Medien: Wohl nie zuvor hat unser Fluss bei Fernsehsendern, von N3 bis Pro7, vergleichbar viel Aufmerksamkeit erregt wie in diesem Jahr der Oste. Und auch Printmedien aller Art, von der "Angelwoche" über eine Sonderausgabe der Kundenzeitschrift der Eisenbahngesellschaft "metronom" bis hin zur "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" - und unsere Heimatblätter sowieso - haben die lange Zeit vergessene Oste zum Thema gemacht. In Erinnerung ist uns zum Beispiel die siebenteilige Serie samt Sonderseiten über die Wanderung von NEZ-Redakteur Jens-Christian Mangels von der Mündung bis zur Ostequelle.

Für die allerstärkste öffentliche Resonanz aber haben in unserem Jahr der Oste die 7800 Sportfischer am Fluß gesorgt, mit deren finanzieller Unterstützung ein beispielloses Experiment angelaufen ist: der Versuch, den hier vor 100 Jahren praktisch ausgerotteten Stör - von dessen hier einstmals hier heimischer Art weltweit nur noch 111 Elternfisch-Exemplare existieren - hier wieder anzusiedeln, nachdem die Artenschützer in den Angelvereinen zuvor schon durch die Wiedereinbürgerung des Lachses, des "Königs der Fische", die Oste zu Deutschlands Lachsfluss Nummer eins gemacht haben.

Die beiden Ostepachtgemeinschaften der Sportfischer haben mit der AG Osteland einen Arbeitskreis Wanderfische Oste gegründet, um das das ehrgeizige Störprojekt voranzutreiben, das beträchtliche EU-Investitionen in einen guten ökologischen Zustand der Oste zur Voraussetzung hat; eine erste Fördermittelzusage ist letzten Monat bei uns eingetroffen. Sie wissen, dass das Störprojekt schon jetzt internationale Beachtung erfährt. Bei der Einweihung unseres schwimmenden Stördenkmals waren ja sogar der Präsident der Weltgesellschaft der Erhaltung des Störs und ein Vertreter der Akademie der Wissenschaften aus Moskau angereist.

Ich könnte noch über vieles berichten, was in den letzten Monaten am Fluss touristisch vorangekommen ist, immer wieder beflügelt und beschleunigt durch das Jahr der Oste: über die Auszeichnung der Schwebefähre als einer von deutschlandweit nur vier "Historischen Ingenieurbauten", über die von der AG Osteland mitbetriebenen, mittelfristig durchaus erfolgversprechenden Bemühungen um den Unesco-Weltkulturerbestatus; über die neuen Fahrgastschiffanleger, bislang in Balje und Oberndorf, demnächst auch in Osten und Klint, für die wir uns seit Jahren einsetzen und die wir dank einer 10.000-Euro-Spende der Elbfähre Glückstadt-Wischhafen einheitlich beschildern können; über neue Osteland-Poster, Osteland-Postkarten und über drei Oste-Kalender; über den von uns herausgegebenen Radwanderführer "Deutsche Fährstraße"; über das erfolgreich etablierte "Osteland-Magazin" der Heimatzeitungen; über neue Oste-Lieder, getextet und komponiert von der Buxtehuder Frauenband Kaktusblüte (die demnächst in Osten auftritt) sowie, nicht zu vergessen, von Uwe Mählmann aus Oberndorf und von Hanni Milan aus Hemmoor; über den vom Ulex-Destillateur Olaf Schlichting entwickelten "Osteland-Aquavit", über die vorzüglichen "Oste-Menüs"  von Claus Peter aus Höftgrube und vom Bremervörder Gastwirt Sommer und vieles mehr.

Ich will aber hier nur noch einen einzigen Punkt vertiefen: das literarische Angebot zum Thema Oste, das in diesem Festjahr enorm bereichert worden ist.

Zu nennen ist neben dem Osteland-Radreiseführer "Deutsche Fährstraße" und dem Oste-Fährenbuch "Hol över" von Grit Klempow der von Gisela Tiedemann und mir mit Hilfe vieler Ostefreunde erarbeitete Prachtband "Über die Oste" mit Geschichten aus 100 Schwebefähren-Jahren; die soeben erschienene Autobiografie von Peter Schütt mit dem Titel "Von Basbeck über Moskau nach Mekka", dazu der von Elke Loewe und Wolf-Dietmar Stock herausgebene Sammelband "Mord an der Schwebefähre", hervorgegangen aus dem gleichnamigen Kurzkrimi-Wettbewerb unseres Projekts "Krimiland Kehdingen-Oste" - und, ganz frisch, "Die Farben der Oste", das für die AG Osteland von Elke Loewe und Wolf-Dietmar Stock herausgegebene zweite große Oste-Lesebuch mit Beiträgen von 40 Autoren; dazu schreibt das Stader Tageblatt, dieses ebenso sei "die schönste Liebeserklärung, die wohl je einem Fluss gemacht wurde". Elke Loewe und Wolf-Dietmar Stock "krönen mit der ebenso betörenden wie informativen Publikation das Jahr der Oste 2009".

Wie geht es weiter? Wir wollen in den kommenden Jahren das neu erwachte Interesse an der gesamten Oste nutzen, um den Menschen an der Oberen Oste verstärkt den Unterlauf nahezubringen und umgekehrt: Wir wollen die einen neugierig machen auf die Eisvögel und Kraniche in der Quellregion und die anderen auf die Seeadler und die Seehunde in der Mündung, die einen auf die Kulturschätze, Kirchen, Museen und Landfrauencafès von Bremervörde, Sittensen oder Zeven, die anderen auf die Schwebefähre, die Mocambo, die Oberndorfer Reeperbahn und all die anderen Sehenswürdigkeiten.

Warum sollte der Heimatverein Iselersheim nicht seinen Jahresausflug nach Oberndorf machen - so wie wir unsererseits Iselersheim besucht haben? Die Förderung eines solchen Binnentourismus von Schulklassen, Vereinen, Betriebsausflüglern entlang der Oste könnte unsere gesamte Region ebenso stärken wie die (viel aufwendigere) Werbung um Gäste von weiterher.
 

Ich will mit dieser Anregung abbrechen. Mir bleibt nur, ein knappes Resümee zu ziehen und noch einmal Dank zu sagen: Die lange Zeit vergessene Oste, diese schlafende Schöne, ist erwacht - und das nicht zuletzt mit tatkräftiger Hilfe aus Oberndorf, das in diesem Jahr seinem Ruf gerecht geworden ist, das "Herz der Oste" zu sein.


www.oste.de
www.osteland.de
www.jahr-der-oste.de


 
 


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