http://www.abendblatt.de/region/stade/article599355/Tatort-Roenndeich-die-deutsche-Krimistrasse.html

12. Februar 2009

Kehdingen: In Drochtersen-Hüll leben zahlreiche Autoren von Kriminalromanen

Tatort Rönndeich - die deutsche Krimistraße

Mira Frenzel

Auch TV-Serien wie "Derrick" wurden hier ersonnen. Vereine und Unternehmen nutzen den mörderischen Ruf der Gegend mittlerweile sogar touristisch.

Stade/Drochtersen. Wer angesichts der pittoresken Bauernhäusern und Obstbäumen zwischen den moorigen Ufern von Oste und Elbe zu dem Urteil kommt, Kehdingen sei idyllisch gar langweilig, der irrt. Und zwar gewaltig. Denn in Kehdingen wird gemordet was das Zeug hält - rein fiktiv, versteht sich. Der Autor Volker Vogeler schrieb hier, an der unscheinbaren Straße Rönndeich bei Drochtersen-Hüll, mehr als 170 Drehbücher für Kriminalfilme, darunter Folgen für die TV-Serien "Tatort", "Derrick" und "Der Alte". Schriftstellerin Elke Löwe ("Die Rosenbowle") erfand in der unmittelbaren Nachbarschaft ihre Ostekrimi-Serie. Und nur wenige Kilometer weiter arbeiten die Autoren Wilfried Eggers ("Paragraph 301") und Thomas B. Morgenstern ("Der Milchkontrolleur") an weiteren Mordgeschichten. Wohl nirgends sonst in Deutschland gibt es - gemessen an der Einwohnerdichte - mehr Krimifreunde. Und so bekam der Rönndeich einen zweiten Namen: die "Deutsche Krimistraße".

"Unsere Krimistraße ist mittlerweile zu einer Marke geworden", sagt Renate Bölsche. Die Bibliothekarin hatte es sich vor rund drei Jahren zum Ziel gesetzt, nicht nur den Rönndeich bekannter zu machen, sondern gleich die gesamte Region mit einem mörderischen Titel zu versehen: Krimiland.

So gründete sie den Verein "Krimiland Kehdingen-Oste". Zusammen mit den ansässigen Autoren und einigen Veranstaltern sorgt sie seither für ein breites Angebot an Ereignissen, die die Herzen von Krimifreunden höher schlagen lassen. Dazu kommt ein durchaus erwünschter Nebeneffekt: Die Region wird auf diese Weise auch touristisch attraktiver.

Für Renate Bölsche alles kein Zufall. Sie hat erwartet, dass das Konzept eine todsichere Sache ist: "Die Fernsehserie 'Tatort' ist in den vergangenen Jahre mit dem Prinzip des Heimatkrimis immer erfolgreicher geworden. Daher liegen auch wir voll im Trend." Es sei auch nicht schlimm, dass das "mörderische Kehdingen" ganz andere Besucher anziehe, als das Alte Land mit seinem Obstblütentourismus, findet Jochen Bölsche von der Arbeitsgemeinschaft Osteland.

Diesen Eindruck teilt Gabi Lüchau von "Buch & Byte", einem Kooperationspartner des Vereins "Krimiland". Die Drochtersener Buchhandlung organisiert zahlreiche Aktionen für Krimi-Fans. Mit großem Erfolg: "Unsere Events sind immer ausverkauft", sagt sie. Viele Besucher kämen als Wiederholungstäter zurück. Auch deswegen soll das Angebot in diesem Jahr ausgeweitet werden. Bereits seit drei Jahren gibt es Lesungen unter dem Motto "Mord an Bord zum Abendbrot" auf dem Oste-Schiff "Mocambo".

Wer lieber festen Booten unter den Füßen hat, kann zur Reihe "Morden im Moor" den Heimathof Hüll besuchen. Neu in diesem Jahr: Von Aschhorn aus wird erstmals die Lorenbahn "Moorkieker" zu einem Gebäude mit dem schaurigen Namen "Haus im Moor" fahren - hier dürfen sich die Teilnehmer nach einer Führung durchs Moor bei Lesungen gruseln. "Wir brüten ständig an neuen Ideen", sagt Gabi Lüchau an. Denkbar sei, künftig das Ausflugsschiff "Tidenkieker" und den Doppeldeckerbus "Vogelkieker" für blutrünstige Touren zu nutzen..

Um die mörderische Nachwuchssicherung kümmert sich indes Renate Bölsche. Zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft Osteland hatte sie 2008 den Literaturwettbewerb "Mord auf der Schwebefähre" ausgeschrieben. "Fast hundert Einsendungen haben wir bekommen, zwei davon kamen sogar aus Österreich und Spanien", berichtet sie. Die Jury habe nun die zwölf Besten ausgesucht. Über die Gewinner will Renate Bölsche vorerst kein Sterbenswörtchen verlieren: "Bis zur Preisverleihung am 18. April müssen sich Krimi-Fans noch gedulden."

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