Krimitorte
und Swattsuer
Aus der Ansprache von Jochen Bölsche
(AG Osteland) beim Ostener Krimi-Festival
Meine Damen und Herren, liebe Krimifreunde...
An diesem strahlend schönen Nachmittag möchte ich zu Ihnen über das Thema Blutsuppe sprechen. Zunächst aber begrüße ich Sie sehr herzlich im Namen der Arbeitsgemeinschaft Osteland e. V. - genauer gesagt: des Projekts Krimiland Kehdingen-Oste der AG Osteland - sowie unseres Kooperationspartners, des Verlags Atelier im Bauernhaus in Fischerhude.
Willkommen in der Ostener Festhalle, die in einer Ankündigung fälschlich als "Ostelandhalle" bezeichnet worden ist - obwohl auch das ein wunderschöner Name wäre; vielleicht greift der Gemeinderat ja diese Anregung auf.
Willkommen auch im Namen der sympathischen neuen Festhallenwirtsleute Sascha Dick und Imke Dick, die übrigens die Schwester der Ostener Schlachtersfrau Iris Brandt ist, deren hochgerühmter Betrieb gerade heute (Sie haben es bei der Herfahrt bemerkt) sein 75-jähriges Bestehen feiert und dessen weit und breit gelobte Spezialität Swattsuer ist - auf hochdeutsch Schwarzsauer. An den Ostener Swattsuer-Tagen stehen im Geschäft immer wieder lange Warteschlagen von Kunden mit Plastikeimern, Tupperschalen und Milchkannen.
Wer wissen will, woraus diese Lieblingsspeise vieler Ostener besteht, und nach "Schwarzsauer" googelt, der findet bei Wikipedia den Eintrag: "Traditionelles Gericht aus Blut in Teilen Norddeutschlands ... Es entspricht weitgehend der spartanischen Blutsuppe. Der Name leitet sich vom Schweineblut ab, das durch die Zugabe von Essigsud gerinnt, völlig schwarz wird und hinzugefügte Fleischreste und Schwarten verbindet."
Für mich lag es nahe, wegen der - wie sagt man? - Blutsverwandtschaft zwischen unserer Schlachtersfrau und unserer Wirtsfrau und natürlich wegen des Themas Mord Ihnen hier heute Nachmittag Blutsuppe servieren zu lassen. Ich habe mich allerdings mit dieser Idee nicht durchsetzen können - auch bei Wikipedia heißt es, dass dieses Gericht "heutigen Essgewohnheiten nicht mehr entspricht". Nun ja - statt dessen hat uns Sascha Dick zehn leckere Torten gebacken, garantiert aus unblutigen Zutaten.
Unser Krimiland-Logo - eine Schießscheibe zwischen zwei Kopfweiden, entworfen von dem emeritierten Hamburger Kunstprofessor Christoph Drescher - dieses Logo hat als erster ein Ausnahmekünstler aus den Reihen der AG Osteland auf eine Torten aufgebracht und damit die "Osteland-Krimitorte" kreiert: der Fischerhuder Maler, Autor, Verleger und Ausstellungskurator Wolf-Dietmar Stock.
Wir haben Stock mit dem Ostekulturpreis "Goldener Hecht" ausgezeichnet, weil er es wie kein anderer versteht, einem breiten Publikum das reiche kulturelle Erbe des Ostelandes zu vermitteln; zur Zeit ist Wolf-Dietmar Stock an der Vorbereitung einer Ausstellung beteiligt, die dem großen Ostener Maler Diedrich Rusch gewidmet ist, dem sogenannten "Otto Modersohn von der Oste", und die am 10. Mai hier in Osten im Laden von Karl-Otto Richters am Marktplatz eröffnet wird.
Ein anderer Ostepreisträger, Elke Loewe, hat für unser Jahr der Oste mit seinen über 380 Veranstaltungen die Idee zu diesem Krimiwettbewerb beigesteuert und darüber hinaus den Vorsitz der Jury übernommen. Ihre Mitjuroren waren der Leiter des Butjadinger Krimimuseums Mirko Schädel, die Ostener Diplom-Bibliothekarin Renate Bölsche vom Krimiland-Projekt, der Bremervörder Buchhändler Hajo Morgenstern und die Hamburger Krimifreundin Claudia Vogeler; wer bei ihrem Namen an den vor vier Jahren verstorbenen, unvergessenen Volker Vogeler denkt, der am Rönndeich im Osteland allein 170 Drehbücher für die ZDF-Serie "Der Alte" verfaßt hat, geht nicht fehl - Volker Vogeler war ihr Mann.
Begrüßen möchte ich natürlich auch die vielen Einsenderinnen und Einsender, die nach Osten gekommen sind. Stellvertretend für alle nenne ich Marie Moje, die mit 10 Jahren die jüngste Autorin war.
Herzlich begrüßen möchte ich Christian Rüthing aus Bremervörde, der diesen Nachmittag musikalisch gestaltet, Katrin Tötzke mit der Fahrbücherei des Kreises Cuxhaven, die vorgestern abend übrigens Thema eines N3-Filmbeitrags war, und vor allem die Stifter der Geld- und Sachpreise im Werte von über 2000 Euro: die AG Osteland, vertreten durch den 1. Vorsitzenden Gerald Tielebörger, das Atelier im Bauernhaus von Wolf-Dietmar Stock, die Fördergesellschaft Schwebefähre, vertreten durch Karl-Heinz Brinkmann, das Gästehaus "Eulennest" von Sigrid und Dietrich Frömming in Großenwörden, das Ferienhaus "Krimiland" am Rönndeich, vertreten durch Renate Bölsche, der Fährkrug der Familie Ahlf in Osten, die Buchhandlung Buch & Byte von Inga Hebeiss aus Drochtersen und die Firma Osteschifffahrt aus Oberndorf.
"Mord an der Schwebefähre" - der Titel unseres Wettbewerbs weckt heute ganz andere Assoziationen als noch vor einem Jahr, als wir ihn festgelegt haben. Wenn wir heute Schlagzeilen lesen wie "Schleichendes Todesurteil für Schwebefähre" oder "Protest gegen Tod auf Raten", denken wir bei "Mord an der Schwebefähre" eher an den fatalen Beschluß der CDU-geführten Kreistagsmehrheit in Cuxhaven, das kreiseigene Baudenkmal, das Wahrzeichen unserer Region und touristische Rückgrat der Deutschen Fährstraße, ausgerechnet im Jahr seines 100-jährigen Bestehens dem Rotstift zu opfern. Unserer Meinung nach bahnt sich hier eine Freveltat von nationalen Dimensionen an, ein zumindest versuchter Mord an der Schwebefähre, dem jedenfalls die AG Osteland sich nach Kräften widersetzen wird.
Zum Schluß noch einige Worte zum Programm des Krimilandes Kehdingen-Oste, in das dieser Wettbewerb eingebettet ist. Warum haben wir dieses Projekt erfunden? Wir alle wissen, unsere Region hat neben der Landwirtschaft nur eine Zukunftschance, den - möglichst sanften - Tourismus. Um den zu fördern, müssen wir herausstellen, was andere nicht haben. Was also sind die Alleinstellungsmerkmale des Ostelandes? Das ist
1. der "Fluß der Fähren" - daraus resultiert unsere vor 5 Jahren eröffnete Deutsche Fährstraße Bremervörde - Kiel ebenso wie die jüngst eröffnete Internationale Schwebefähren-Infomeile in Basbeck,
2. "Deutschlands Lachsfluß Nummer eins" und - seit heute mittag, 12.30 Uhr - auch Niedersachsens Störfluß Nummer eins; an diese Prädikate knüpfen unsere Bemühungen um eine Belebung des Natur- und Angeltourismus an.
3. die höchste Milchproduktionsdichte und die einzige Faßbuttermolkerei Niedersachsens; unsere Anregung, an der Oste einen Milchtourismus aufzubauen, hat gestern zur Eröffnung eines Milch-Infozentrums in Hasenfleet beigetragen, verbunden mit drei neuen Routen der Niedersächsischen Milchstraße.
4. die beispiellose Dichte an Krimiautoren und fiktiven Tatorten, die für mich der Anlaß war, vor sechs Jahren, halb aus Jux, eine Deutsche Krimistraße zu propagieren, die soviel Medienresonanz fand, dass wie sie vor gut zwei Jahren in das Tourismus- und Literaturförderungsprojekt Krimiland Kehdingen-Oste der AG Osteland haben münden lassen - ein weiterer Versuch, unser abgelegenes, strukturschwaches, aber doch so schönes Osteland bekannter zu machen.
Inzwischen zählen die Fernseh- und Rundfunkbeiträge zum Thema Krimiland nach Stunden, die Presseartikel füllen Aktenordner, Blätter von der "tina" bis zur "Zeit" haben über das schaurig-schöne Land an Oste und Elbe berichtet, die Touristikämter von Cuxhaven bis Stade propagieren das Produkt, und die Deutsche Zentrale für Tourismus wirbt für die "German Crime Novel Route".
Mittlerweile hat hier eine Art Krimitourismus kräftig zu keimen begonnen - allein in diesem Jahr mit drei Dutzend Krimilesungen, Krimischiffstörns per der Mocambo in die Hexenbucht, Krimi-Busexkursionen zu Schauplätzen von Historienkrimis, Krimifahrten mit dem Moorkieker und Nachtlesungen im Natureum in der Ostemündung, um nur die wichtigsten Veranstaltungen unserer Kooperationspartner aus Buchhandel, Vereinen, Touristik und Kommunen zu nennen. Das Potential dieses Projekts ist noch längst nicht erschöpft - wir arbeiten weiter daran.
www.krimiland.de