Ausgedeichte Osteschleife bei Laumühlen
Fluß
der
Gezeiten
-
6. Themen-Exkursion
der
AG Osteland
e. V.
Die Elbvertiefung
betrifft
auch die Oste-Anrainer
22. 8. 2006. "Es ist besser, Deiche zu bauen, als darauf zu hoffen, dass die Flut allmählich Vernunft annnimmt."
So lautet das Motto des Ostedeichverbandes (Website), in dessen Hemmoorer Zentrale die jüngste, wieder mit vielen Attraktionen gespickte ganztägige Themenexkursion der AG Osteland e. V. begann.
Schwerpunkt waren diesmal die teils verblüffenden Wechselwirkungen zwischen den Tidegewässersystemen Unterelbe und Untere Oste in den Landkreisen Cuxhaven, Stade und Rotenburg, die auf vielfache Weise ökologisch und wasserbautechnisch miteinander vernetzt sind.
In Hemmoor wurden die Teilnehmer der Osteland-Tour, die erstmals in Kooperation mit dem Tourismusverein Kehdingen stattfand, von Oberdeichgräfe Hans Wilhelm Saul sowie von Ulrich Gerdes begrüßt, dem Geschäftsführer des Ostedeichverbandes und des Unterhaltungsverbandes Untere Oste (Website).
In einem hochinformativen einstündigen Referat ging Gerdes auf die diversen Risiken für die Schutzdeiche entlang der Oste ein - von der noch immer nicht ganz ausgeräumten verbotswidrigen Beweidung der Deiche durch Großvieh von mehr als 350 Kilogramm über den Rückzug des Bundes aus der Ufersicherung bis hin zu den Auswirkungen der globalen Meeresspiegelanstiegs und vor allem den absehbaren Auswirkungen weiterer Elbvertiefungen auf die Oste.
In diesem Zusammenhang nannte Gerdes, dessen Verband auch für einen Teil des Elbdeichs zuständig ist, kostspielige Uferschäden am Sommerdeich und eine weitere Zunahme der Wasserstände, die zu zusätzlichen Deicherhöhungen zwinge.
Zu befürchten seien auch eine Bedrohung der Standsicherheit des Ostesperrwerks (siehe Wikipedia-Seite), vermehrte Verschlickung von Sielausläufen, eine Beeinträchtigung der Ufersicherung durch eine erhöhte Oste-Fließgeschwindigkeit (etwa im Ostebogen bei Kleinwörden) sowie Unterhaltungsmehraufwendungen unter anderem durch zusätzlichen Treibsel-Anfall.
Anschaulich stellte Gerdes das Zusammenwirken diverser klimatischer und wasserbaulicher Faktoren in den drei Anrainer-Landkreisen Rotenburg, Stade und Cuxhaven dar.
Die Entscheidung etwa, wann das Ostesperrwerk bei Neuhaus geschlossen wird, hängt ab vom Stand sowohl des Elbwasserpegels bei Otterndorf (Website) als auch des Binnenpegels in Rockstedt bei Selsingen (Website), deren Daten automatisch ins Internet eingespeist werden.
Wenn hohe Niederschlagsmengen im 1800 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet der Oste zusammentreffen mit Elb-Hochwasser, "dann schrillen bei uns alle Alarmglocken", erläuterte Gerdes.
Der Deichexperte ging nicht nur auf die Bedeutung der rund 50 Mündungsschöpfwerke und Siele sowie der über 100 Polder- bzw. Stufenschöpfwerke im Tiefland an der Unteren Oste ein, wo rund 73 000 Hektar nicht mehr natürlich entwässert werden können.
Eigens ausgewiesene Überflutungsflächen wie nördlich des Vörder Sees bei Bremervörde und bei den Deichneubauten bei Laumühlen (Gemeinde Hechthausen) reduzierten das Hauptrisiko für die Anrainer der Unteren Oste: Hochwasser, das bei geschlossenem Sperrwerk längere Zeit gegen die Deiche drückt.
Um gewappnet zu sein für Extremsituationen, die statistisch gesehen "alle 200 Jahre, aber theoretisch auch schon morgen" eintreten können, und um Hochwasser-Katastrophen wie 1962 vorzubeugen, müßten Teile der die Oste-Schutzdeiche um 75 Zentimeter, im Extremfall sogar um einen Meter erhöht werden. Bei anhaltendem Klimawandel müßten alle bisher diskutierten Deichhöhen, aber auch die Höhe des Ostesperrwerks "in Frage gestellt werden".
Wie mörderisch in früheren Zeiten Sturmfluten gewütet haben, erschloß sich den rund 60 Teilnehmern der Tagesfahrt in Wischhafen, wo die Osteland-Kulturpreisträgerin Elke Loewe (Drochtersen-Hüll) im Bauch des Museumsschiffs "Iris-Jörg" aus ihrem historischen Roman "Sturmflut" las.
Volker von Bargen vom Küstenschifffahrtsmuseum hielt ein fachkundiges Referat...
... in dem er den Bogen spannte von der faszinierenden Geschichte der Bauernschiffahrt auf der Tideelbe über die Küstenmotorschiffe der Nachkriegszeit bis hin zu den heutigen Containerriesen.
Zuvor hatten sich die Teilnehmer auf einer Wanderung mit Gästeführerin Brigitte Woetzel (Neuland) über die Geschichte des Deich- und Schleusenbaus in Kehdingen informiert.
In der Nähe der frisch restaurierten Ziegeleischleuse in Neuland, nach einem zünftigen Labskaus-Essen im Gasthaus Kurbjuweit, bot die Kehdinger Touristismusvereins-Managerin Sylvia Wolter den Gästen ein besonderes Erlebnis.
Begrüßt mit einem Drehorgel-Ständchen von Bürgermeister Heinrich von Borstel ("Eine Seefahrt, die ist lustig"), bestiegen die Teilnehmer als erste Gruppe am soeben fertiggestellten Schiffsanleger Neuland das Flachbodenschiff "Tidenkieker".
An Bord informierte Rüdiger Ramm vom Verein zur Förderung von Naturerlebnissen über die Sehenswürdigkeiten rechts und links der Fahrtstrecke.
Die Tour führte durch die tidengeprägte Schilf-Idylle der - einstmals viel breiteren - Krautsander Süderelbe, über die früher die Elb-Ewer mit Obst, Gemüse und Ziegelsteinen nach Hamburg geschippert waren...
... und wo sich eine Fülle wunderbarer Fotomotive fand.
Die Tagestour endete mit einer Wanderung auf dem Elbdeich von Wischhafen nach Neuland, vorbei an Schafherden und blühenden Sonnenblumenfeldern.
Die Reihe der Osteland-Exkursionen wird, wie Tourenleiter Jochen Bölsche (Osten) ankündigte, im Herbst mit drei weiteren Veranstaltungen fortgesetzt.
Die nächsten Themen: "Oste - Fluß der Genüsse", "Oste - Fluß der Naturerlebnisse" und "Oste - Fluß mit Vergangenheit".
Restkarten sind nur noch für eine Tagesfahrt "Oste - Fluß der Naturerlebnisse" am 17. September an der Oberen Oste verfügbar. Buchungshinweise stehen im Internet unter www.osteland.de/exkursionen.
Tagesaktuelles von der Oste:
www.ostemarsch.de