Von Uwe Mählmann (Oberndorf)
EBBE:
Lustlosigkeit umgibt einen, gepaart mit einer gewissen Traurigkeit. Reden, Geschichten erzählen, lachen, lustig sein, fällt schwer. Das Schilf wirkt wie schon braun, schmutzig, wie gefühltes lange nicht mehr geduscht. Angler beschweren sich, dass die Fische nicht beißen. Das Bier auf dem Ostekieker schmeckt schal, auch Babys werden jetzt nicht geboren, die Hebammen gehen erstmal wieder nach hause. Das ablaufende Wasser scheint komplett drucklos. Es strömt einfach nur so vor sich hin. Selbst die Wasservögel hängen einfach nur ab, sitzen zum großen Teil an der Schlickkante und stecken ihre Köpfe ins Gefieder, um ne runde zu schlafen. Kein Mensch springt in die Oste, um zu baden. Es ist einfach nur still. Die Fischer fahren mit ihren kleinen Booten die Oste abwärts, verlieren dabei kein Wort, keinen Blick nach links und rechts. Irgendetwas liegt in der Luft, die Oste bekommt so eine art gefühlten Brummton oder so. Es vibriert ganz leicht in einem, als würde ganz langsam die Stromversorgung wieder einsetzen. Die Hebammen sind wieder auf dem Weg zu den werdenden Müttern.
Die Flut kämpft mit der EBBE:
Das treibende Schilf weiß nicht in welche Richtung es schwimmen soll. Komische lange Wellen, wie im Atlantischen Ocean, die sich gegen das ablaufende Wasser stemmen, obwohl kein Wind oder Schiff für die Wellen Verantwortlich sind, denn beides ist nicht einmal in der Nähe. Man wird nervös, kuckt immer wieder aufs Wasser, fragt, läuft es schon auf? Doch dann bemerkt irgendjemand, berechtigter Weise, dass das Wasser in der Oste schon um einen halben Meter gestiegen ist. Obwohl das schwimmende Schilf und andere Utensilien, die mitten in der Oste treiben, sich immer noch, wenn auch kaum erkennbar, die Oste abwärts bewegt. Oft entstehen lange Diskussionen darüber ob das Wasser nun auf oder noch abläuft.
FLUT:
Die Flutwellen haben sich durchgesetzt.
Der Deich, die Häuser und Bäume vorm und hinter`m Deich fangen
an sich im Wasser der Oste zu spiegeln. Haben sie auch schon beim ablaufenden
Wasser, aber da war der Wasserspiegel eher stumpf und die sich spiegelnden
Bilder bei weitem, lange nicht so schön und in so fantastischen Farben,
wie jetzt. Dabei so fröhlich ausschauend, leicht lachend, fast, als
hätten sie so einen kleinen Schalck im Nacken. Ein sehr entspanntes
lachen überzieht das eigene Gesicht, ein Bier wird bestellt und geliefert.
Toll, sieht aus wie in der Fernsehwerbung und schmeckt fantastisch. Also
ein zweites Bier muss her. Die Unterhaltung ist fröhlich, die Lustlosigkeit,
sowie die Traurigkeit ist wie vom Winde verweht. Das erste Baby ist zur
Welt gekommen und strahlt überglücklich, ein Kind des Nordens
der Oste zu sein. Langsam tuckern die Fischer wieder die Oste hoch, sie
kucken als hätten sie gut gefangen und zeigen voller Stolz den einen
oder anderen Fisch in die Höhe. Der größte gefangene Fisch
wird mit weit auseinander gebreiteten Armen nur angedeutet. Das Schilf
wirkt jetzt frisch, dunkelgrün, wenn es von der auflaufenden Flut
durchströmt wird und ganz viel Sauerstoffproduziert, damit es den
Fischen und anderen Lebewesen in der Oste gut geht. Die Wasservögel
haben ausgedöst und bevölkern die Oste wieder lautstark. Nicht
nur die Fische haben Lust aus und ins Wasser zu springen, auch die Menschen,
in erster Linie die Kinder, springen in die Oste und amüsieren sich
beim Baden in den pulsierenden Fluten, des auflaufenden Wassers, prächtig.
Die Welt fühlt sich einfach nur fantastisch an. Ein bisschen mag es
auch an dem mittlerweile dritten oder vierten Bier liegen.
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