Die Gedenkveranstaltungen und -artikel zum
50. Jahrestag der Februarflut 1962 haben auch bei dem Cadenberger Versicherungsfachmann
und Kommunalpolitiker Jörg von See Erinnerungen an die Katastrophe
geweckt, die er als Fünfeinhalbjähriger in Oberndorf-Bentwisch
erlebte. "Diese Bilder / Ereignisse werde ich nie wieder vergessen," schreibt
er zu dem folgenden Bericht, dem er www.oste.de
übermittelte.
Mein Vater Ludwig von See war mit der Feuerwehr seit dem Nachmittag im Einsatz � was wir erst später erfuhren: Er galt zwischenzeitlich als vermisst, da er mit der Wehr bei Mahler als Wehrführer Bentwisch von der einer gefährdeten Seite zur anderen wollte, um sich ein Bild zu machen. In dem Moment brach der Deich, und die Kameraden diesseits der Bruchstelle haben nicht gesehen, dass er die andere Seite gerade noch erreicht hatte � Funk gab es ja noch nicht � , so wurde zunächst eine Suchaktion gestartet, bis Sicht- bzw. Rufkontakt herrschte. Abends (es war schon dunkel und stürmte fürchterlich) ist Mutti mit Hartwig und mir zum Deich gegangen, komisch, der war irgendwie ganz feucht und "schwammig". Ich wollte nach alter Gewohnheit auf der anderen Seite wieder herunter laufen, doch da war nur Wasser, das auf Höhe der Deichkrone stand, und der Untergrund zitterte irgendwie. Sofort wurde der Rückzug "befohlen", und wir eilten zurück ins Haus. Aus der Stube konnte man das Brausen des Orkans hören, und es war durch das von mir nie wieder so gesehene Wetterleuchten sogar recht hell. Wir schauten aus der Haustür, und das Wasser rauschte um die unteren Stufen des Hauses (unser Hof wurde zum Ende des Krieges ausgebombt und auf den Grundmauern des alten Gebäudes wieder aufgebaut und lag somit etwa einen Meter höher als das Grundstück). Am nächsten Tag war das für mich unbegreifliche Ausmaß trotz des ganzen Wassers, das auf dem Land stand, schon mal grob zu erkennen: Die gesamte Familie Schmoldt (Oma und Opa wurden dann in Oberndorf untergebracht) hat noch länger bei uns gewohnt, und für mich war das ganze natürlich toll und abenteuerlich. Von den Resten des Hauses lag z. B. der Schornsteinkopf komplett mehrere hundert Meter entfernt, Jahre später haben wir beim Grabensaubermachen noch Weckgläser gefunden � die Kirschen schmeckten noch sehr gut. Mein Bruder Heiner hatte bei seinem Lehrgang sofort freibekommen und wurde per LKW von den Pionieren über Himmelpforten am Bahnhof Höftgrube abgeholt. Faszinierend war für mich auch immer die Essensausgabe: Alle mussten vor dem Hauseingang antreten und gingen der Reihe nach durch den langen Flur. An der Küchentür wurde dann Verpflegung gefasst (das Graubrot und Wurstkonserven kannte ich gar nicht, Wurst und Fleisch wurde bei uns entweder "eingeweckt" oder zum Kühlhaus der Molkerei Hasenfleet gebracht). Im Gänsemarsch ging es dann zur Stalltür wieder hinaus. Und richtig was los war auch bei meinen Schwestern. Während Helga immer verheult und angenervt durch die Gegend ging, war Renate immer gut gelaunt. Naja, Helgas Hochzeitstermin sollte kurz nach der Sturmflut sein (wurde dann etwas verschoben), und Renate fand die jungen Burschen auf dem Hof wohl ganz nett, denn die pfiffen ihr hinterher und wollten von mir wissen, was denn mit Helga (der wurde auch immer ganz schlecht) los sei. Also davon hatte ich damals wirklich noch keine Ahnung, und das verwirrte auch mich! Karin und Klaus Wilhelm Schmoldt,... ... die Nachbarskinder, beim Swattsuur-Eten Nach einigen Wochen / Monaten kehrte langsam die Normalität zurück: Die Soldaten zogen wieder ab (jahrelang wurde noch ein Treffen mit den Soldaten auf dem Schießstand durchgeführt), Familie Schmoldt baute ein neues massives Wohnhaus, der Deich und die Straße waren repariert bzw. wurden neu gebaut, Helgas Hochzeit mit Hartwig Scholvin fand statt (und Nachwuchs kam dann auch mit verkürzter "Lieferzeit" - zumindest vom Hochzeitstermin aus gemessen), und Renate ließ sich nur noch von Albertus Lemke nachpfeifen. Alles war wieder gut! All diese Erinnerungen werden stets bei mir sein und natürlich bei Familientreffen und Feiern immer mal wieder ausgetauscht � die Bilder sind stets abrufbereit! All diese Tatsachen und Berichte sollten auch insbesondere den "Elbvertieferern" gerade in Hamburg zu denken geben! Jörg von See, Altenfluth 1, 21781 Cadenberge
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