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11. Exkursion in der Reihe "Unbekannte Oste"
der Arbeitsgemeinschaft Osteland e. V.

Nachbau einer Blide in Beckdorf

Burgen und Raubritter im Visier
von Forschern und Touristikern

Auf den Spuren des "Isern Hinnerk"
und der vergessenen Oste-Burgen

Die einstige Burg Brobergen (Fotomontage)

8. 7. 2007. An der Oste standen einst streckenweise so viele Burgen wie am Rhein. An die vergessenen Befestigungsanlagen - die im Gegensatz zu den Felsburgen im Süden häufig aus vergänglichem Material wie Holz und Grassoden gebaut waren - erinnerte die Arbeitsgemeinschaft Osteland e. V. während einer achtstündigen Exkursion durch die Landkreise Cuxhaven, Stade und Rotenburg/Wümme, die unter dem Motto "Oste - Fluß der Burgen" stand.


Rotenburger Kreisarchäologe Dr. Hesse

Begleitet von ausgewiesenen Fachleuten wie den Archäologen Dr. Stefan Hesse (Rotenburg) und Dietrich Alsdorf (Stade) sowie dem Touristiker Hubertus Freiherr von Marschalck zu Bachtenbrock (Hechthausen), einem Nachfahren einstiger Burgherren von der Oste, gingen die 35 Teilnehmer unter anderem der Frage nach, ob die bewegte Vergangenheit des Ostelandes mit ihren Raubrittern und Burgverliesen, Kriegsmaschinen und Erbfehden auch zur Förderung des Tourismus genutzt werden kann.


Tourenleiter Bölsche mit Bürgermeister Stresow (l.)

Der Ansicht von Osteland-Vorstandsmitglied und Tourenleiter Jochen Bölsche, das Interesse an den Burgen des Mittelalters nehme neuerdings rapide zu, pflichtete auch Kreisarchäologe Dr. Hesse bei. Nachdem das Thema Burgen lange Zeit "in Öffentlichkeit und Fachwelt nicht geläufig" gewesen sei, gelte es mittlerweile als "sehr akut", sagte Hesse.


Diorama mit Modell der Dannseeburg

Ein auf fünf Jahre angelegtes Burgen-Projekt sei zur Zeit Gegenstand von Gesprächen mit dem Stader Landschaftsverband. Ziel sei es, eine "Burgentour" im Elbe-Weser-Dreieck zu entwickeln und möglicherweise einige vergessene oder verborgene mittelalterliche Burgstellen "kulturtouristisch in Wert zu setzen".


Isern-Hinnerk-Denkmal in Horneburg

Wie das beispielhaft geschehen kann, erfuhren die Exkursionsteilnehmer auf dem Gelände der Dannseeburg in Beckdorf (Kreis Stade), einst Versteck des legendären Raubritters "Isern Hinnerk", an den in Horneburg ein Denkmal aus dem Atelier des Hemmoorer Künstlers Frijo Müller-Belecke erinnert.

Die Burg im Moor, die im Jahre 1311 von erzbischöflichen Truppen mit Hebelwurfgeschützen in Schutt und Asche gelegt worden ist, war noch vor einigen Jahren für Laien kaum auffindbar und erkennbar gewesen.


Begrüßung im Beckdorfer "Beeckhoff"

Mittlerweile haben die Kreisarchäologie und der Heimatverein "Die Kranzbinder" um Bürgermeister Siegfried Stresow den einstigen Palisadenring, die Zugbrücke und den Burginnenraum mit Hecken und Feldsteinen markiert und mit Wegweisern und Informationstafeln ausgewiesen.


Dietrich Alsdorf am Dannseeburg-Diorama

Und im Beckdorfer Heimathaus "Beeckhoff" sind ein Diorama der Burg sowie einige der zentnerschweren Steingeschosse und eine funktionstüchige Nachbildung jener "Blide" zu sehen, mit der das Versteck des Raubritters einst erobert wurde.


Probeschießen an der Blide

Erläuterungen zum Wurfhebelgeschütz

Heimatforscherin Gisela Tiedemann-Wingst

Osteland-Vorstand Bernd Brauer in der Burg

Alsdorf informiert über den "Isern Hinnerk"

Auf ähnliche Weise wie in Beckdorf, so empfahl Experte Alsdorf, könnte nach dem Abschluß von archäologischen Untersuchungen auch die mittelalterliche Burgstelle an der heutigen Prahmfähre in Brobergen - im "Dreiländereck" der Kreise Cuxhaven, Stade und Rotenburg - kenntlich gemacht und touristisch genutzt werden.


Mit der Fähre zur Burgstelle Brobergen
Entsprechende Überlegungen für das historische Areal, das bis vor kurzem von einer geplanten Ausdeichung bedroht war, hat bereits der neue Fähr- und Geschichtsverein Brobergen und Umgebung angestellt.

Corinna Kolf referiert über die Burggeschichte

Dessen Vorsitzende Corinna Kolf informierte in der Gaststätte "Fährkrug" und bei einer Begehung der benachbarten Kapellenwurt.


Die Teilnehmer an der Kapellenwurt

Bereits am 16. September soll, so die Diplom-Geografin, am Osteufer eine Nachbildung der historischen Rolandfigur aus dem 16. Jahrhundert aufgestellt werden.


Modell des Gutshofs "Holländer Höfe"

Dazu ist ein großes Mittelalterfest mit Met und Musik geplant, an dem unter anderem Schützen und  Feuerwehrmänner, Schüler und Kindergartenkinder mitwirken.


Freiherr von Marschalck stellt die Kranenburg vor

Während Kolf mit einer Video-Präsentation den Forschungsstand zur Geschichte der Burg und des Adelsgeschlechts derer von Brobergen darstellte, informierte Hubertus Freiherr von Marschalck in einem brillanten Vortrag über das Schicksal der benachbarten "Cranenburch" im heutigen Kranenburg, auf der seine Vorfahren jahrhundertelang einen wichtigen Oste-Übergang kontrollierten.


Zufahrt zur ehemaligen Burgstelle Kranenburg

Die wechselvollen Beziehungen zwischen den Marschalcken - zu deren Besitz heute der Ferienpark Geesthof und das Gasthaus "Raubritter" zählen - und den Broberger Burgherren könnte, merkte Archäologie-Experte Alsdorf an, "Stoff für einen Hollywood-Film" bieten.


Das Familienwappen derer von Marschalck

Dem Touristiker von Marschalck schwebt vor, wie er sagte, auf Außendeichgewässern ("Pütten") sowie zwischen dem Osteufer beim "Raubritter" und dem früheren Burgsitz Kranenburg ein Fahrgastboot verkehren zu lassen, das "Püttenhüpper" heißen solle.


Archäologie-Chef Hesse informiert

Im Landkreis Rotenburg wiederum sind, wie Dr. Hesse berichtete, von der Kreisarchäologie bereits 60 historische Stätten ausgeschildert worden.


Auf dem Burgwall am Sittenser Königshof

Rekonstruktion der Sittenser Befestigungsanlage

Dazu zählt auch die von den Exkursionsteilnehmern besuchte einstige Burgstelle am Königshof in Sittensen, wo der Legende nach Karl der Große die Oste überquert hat.


Auf dem Weg zur ehemaligen Heilsburg

Heilsburg-Modell (im Museum Zeven)

Besichtigt wurden auch die Reste der ehemaligen "Heilsburg" bei Weertzen, die von einigen Heimatforschern mit der Gudrun-Saga in Verbindung gebracht wird.


"Canzley" der früheren Burg Vörde

An den bedeutendsten Herrschersitz an der Oste, die Burg Vörde, wo einst der "Isern Hinnerk" im Verlies geschmachtet hat, erinnert nur noch die einstige "Canzley", die heute das Bachmann-Museum beherbergt.


Im Vorwerk steht ein Burg-Modell
In dessen Dependance auf dem Vorwerk erläuterte Hesse an einem Modell der Burg aus dem 17. Jahrhundert die abenteuerliche Geschichte der Befestigungsanlagen an der wichtigsten Oste-Querung.

Fußgängerbrücke an der einstigen Ostefurt

Nur gestreift werden konnten bei der Exkursion andere einstige Burgen an der Oste, deren Relikte - sofern vorhanden - teils aus Zeitgründen, teils mangels Zugangsmöglichkeit nicht besucht wurden.

Dazu zählen im Kreis Cuxhaven die sogenannte "Slikborch" (Schlickburg) bei Belum, die Remperburg am Balksee oder die Burg Ostenhagen in Osten-Altendorf, wo laut einer Sage der Schatz des Seeräubers Claus Störtebecker ruht.


Neue Veröffentlichung der AG Osteland

Einen Überblick über alle Burgen entlang der Oste bietet die AG Osteland auf ihrer Website www.osteland.de/exkursionen07.htm, wo auch auf die nächsten Exkursionen hingewiesen wird.

Dort kann auch die Ausgabe 14 der "Osteland-Texte" zum Thema "Oste - Fluß der Burgen" heruntergeladen werden.

Fotos von Renate Wendt, Karl-Heinz
Brinkmann und Jochen Bölsche


www.osteland.de
www.ostemarsch.de



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