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BREMERVÖRDER ANZEIGER  25. 1. 2011

Generalsekretär des Zentralrats der Juden besucht Sandbostel / Verantwortung gerecht werden

26.01.2011 Bendestorf/Sandbostel / Aranka Szabó
 
Am 31. Januar um 15 Uhr wird Stephan J. Kramer die Gedenkstätte in Sandbostel besuchen. Eingeladen wurde er von Ivar Buterfas, der mit dem derzeitigen Zustand des Lagers unzufrieden ist und weitere Schritte überlegt, wie dieser zu ändern sei.

�Ich bin mit allem, was dort mit den jetzigen Mitgliedern der Stiftung an Arbeit passiert, zufrieden�, sagte Weltfriedenspreisträger Ivar Buterfas im Gespräch mit dem ANZEIGER. Er hob dabei speziell die ehemaligen Mitglieder des Gedenkstättenvereins hervor. �Ein Teil davon, das muss ich so sagen, hat keine Courage. Wir haben eine historische Verantwortung in Deutschland, und wir haben schlimme Verbrechen begangen in Sandbostel - wie überall woanders, wo es solche Massenvernichtungsstätten gab. Und ich sage, Sandbostel war auch eine Massenvernichtungsstätte, denn über 10.000 Ermordete in irgendeinem Lager galt als Massenvernichtungsstätte.�

Der Holocaust-Überlebende Buterfas zeigte sich mit Blick auf die Gedenkstätte sehr glücklich darüber, dass die neuen Historiker nun �durchforsten� und hofft, dass mehr über die Zahl der tatsächlich dort Verstorbenen herausgefunden werde, denn es würden auch Zahlen bis zu 50.000 Toten genannt.

Als die Stiftung gegründet wurde, hätte er sich sehr gefreut, erinnerte er sich. �Der einzig richtige Weg, gemeinsam etwas zu gestalten, was jahrelang stiefmütterlich und roh behandelt wurde.� Damals, zur Stiftungsgründung, hätte er gesagt, dass er glücklich über die Entwicklung wäre, jetzt bräuchte es nur noch Geld, und die Stiftung müsste in Ruhe arbeiten können. Er hätte jedoch auch gesagt, sollte die Stiftung zum Zweck haben, �weiterhin Unsinn zu betreiben, dann komme ich wieder und werde ein fürchterlicher Stachel in ihrem Fleisch sein. Ich werde nicht eher Ruhe geben, bevor das eine absolut präsentable, in Europa vorzeigbare Gedenkstätte ist, wie wir es gegenüber unserer historischen Verantwortung gegenüber schuldig sind.�

�Alles lief prima, für mich war die Geschichte erledigt, es wurden Gelder bewilligt, bis ich erfuhr, dass da plötzlich ein riesiges Haus steht.� Seitdem blickt Ivar Buterfas wieder auf Sandbostel.

Es sind einige Punkte, die Ivar Buterfas gerne geändert sehen möchte. Sein Anwalt Thomas Zimmermann arbeitet an deren Ausformulierung und wurde von Buterfas beauftragt, sich der Sache anzunehmen. Der Tiergnadenhof Rasselbande e.V. und die auf dem ehemaligen Lagergelände ansässige Doggenzucht sollen ausgesiedelt werden, denn das Hundegebell störe die Trauer der Kriegsopfer und Angehörigen auf dem Gelände. Zudem erinnere das Hundegebell ehemalige KZ-Häftlinge an die Wachhunde der Konzentrations- und Vernichtungslager. Der Name �Immenhain� soll geändert werden, denn der Name suggeriere summende Bienen und nicht das, was dort geschehen sei.

Vor der Straßenmeisterei und dem neuen Haus auf dem Gelände des Holzhandels Oetjen müssten Hinweisschilder aufgestellt werden, die darauf hinwiesen, wie zur Zeit des NS-Regimes die Fläche genutzt wurde. Der in jedem Frühjahr durch die Holzhandlung organisierte �Frühlingstreff� dürfe nicht mehr dort stattfinden, wo Menschen gestorben, vielleicht sogar begraben seien.

Das auf dem ehemaligen Appellplatz neu gebaute Haus müsse der Gedenkstätte zugeführt und wieder unter Denkmalschutz gestellt werden. Buterfas bezeichnete die Stelle, auf dem das Haus gebaut worden sei, als �unsensibel�. Anwalt Thomas Zimmermann legte in diesem Zusammenhang Wert darauf, hinzuweisen, dass der derzeitige Eigentümer �gegen vernünftiges Entgelt, zu seinem finanziellen Nutzen und nicht Schaden� ausgezahlt werden müsse.

Auch um sich zu beraten, hat Ivar Buterfas den Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan J. Kramer, für den 31. Januar um 15 Uhr nach Sandbostel eingeladen. Der Generalsekretär soll sich einen Eindruck vor Ort verschaffen.

�Politik der kleinen Schritte� will Anwalt Thomas Zimmermann gehen. Nach dem Treffen mit dem Generalsekretär in Sandbostel, wird er auf Landesebene weitere Gespräche führen und dann Bundespolitik ansprechen. �Von da aus ist es kein weiter Weg nach New York, zur jüdischen Weltorganisation�, wenn es denn nötig werden würde.

Ivar Buterfas ist es wichtig, festzuhalten, dass er sehr glücklich sowohl mit der Entwicklung der Stiftung als auch mit den Tausenden von Besuchern aus der ganzen Welt ist. Er sieht auch wirtschaftliche Möglichkeiten für die Region, die sich mit einer Gedenkstätte auf nationalem Standard ergeben könnten. Ihm sei es ein Anliegen, der Verstorbenen im Stalag X B würdevoll zu gedenken und den Angehörigen einen angemessenen Raum der Trauer zu bieten.

Karl-Heinz Buck, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Lager Sandbostel, begrüßte den Besuch des Generalsekretärs Stephan J. Kramer. �Ihn wollte ich sowieso einladen�, sagte er. Angesprochen auf den Vorschlag, das Haus Oetjens in die Stiftung einfließen zu lassen, bedauerte er, dass Ivar Buterfas nicht im Vorfeld mit der Stiftung gesprochen hätte. Die Stiftung könne weder ein solches unterhalten, noch bestünde derzeit Bedarf, denn auf dem derzeitigen Gelände der Stiftung stünde bald ein 450 Quadratmeter großes Gebäude zur Nutzung bereit.

Bürgermeister Peter Radzio meinte auf Anfrage unserer Zeitung, dass die sieben Punkte wohl Unruhe bei den Anwohnern schaffen würde. Ob das von Vorteil sei, bezweifelte er. �Wir haben nichts zu verheimlichen�, kommentierte er den Besuch des Generalsekretärs des Zentralrats der Juden.
 

 
 

 
 
 

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