Schluss mit der Vermaisung

Auf dem Weg in einen nachhaltigen Energiemix

Rede von Elke Twesten MdL bei der Demonstration
gegen eine Methangasfabrik im Trinkwasserschutzgebiet
an der Oberen Oste bei Sittensen am 20. 10. 2012
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Mega-Biogasanlagen und die überbordende Nutzung von Biomasse stehen im Widerspruch zu Artenvielfalt und Lebensmittelerzeugung.

Wir Grüne teilen diese Sorgen seit langem. Gerade weil wir überzeugt sind, dass den Bioenergien eine wichtige Rolle in der Klimapolitik zukommt, wenden wir uns mit Nachdruck gegen die massiven Fehlentwicklungen, die nachhaltige, dezentrale Bioenergieerzeugung in Misskredit bringen und die ökologischen und sozialen Probleme eher verschlimmern statt sie zu lösen.

Mais in Monokultur für Biogasanlagen ist ein Problem. .ln Niedersachsen hat sich die Anbaufläche von Mais von 30.000 Hektar 2004 auf inzwischen mehr als 200.000 Hektarfast verzehnfacht. Artenvielfalt und Grundwasser werden belastet. Mehr Mais bedeutet mehr Nitrat im Grundwasser.

Nitrat-Grenzwerte werden an immer mehr Stellen in Niedersachsen überschritten. Zusammen mit der Massentierhaltung bekommen wir mit Mega-Biogasanlagen ein riesiges Umweltproblem - vor unserer Haustür.  

Neben den nachteiligen Auswirkungen auf Böden, Wasser, Landschaftsbild und biologische Vielfalt verdrängt diese Form der Landnutzung auch die Lebensmittelerzeugung auf knappen Böden und erhöht die Pachtpreise - und ich weiß, das alles treibt Euch um, ihr seid heute hier, weil wir gemeinsam ein Zeichen setzen müssen, dass es so nicht weitergehen darf und ihr, unsere Bauern, kein Land mehr gepachtet bekommt, um Getreide anzubauen, das, was wir hier jahrelang gemacht haben.

Wir fordern eine ganzheitliche Öko- und Sozialbilanz für den Energiepflanzenanbau.

Palmöl aus Regenwaldgebieten, den wir unseren Autotanks beimischen, um unsere eigene Klimabilanz zu schönen, ist eine klimapolitische und soziale Katastrophe.

Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Nahrungsmittelanbau eindeutig Vorrang vor der Energiepflanzengewinnung. FOOD FIRST!

Das heißt aber auch, unseren überbordenden Fleischkonsum zurückzufahren und den Energieverbrauch insgesamt deutlich zu reduzieren.

Denn 30 Prozent der weltweiten Ackerflächen werden für den Futtermittelanbau für billiges Fleisch in Europa genutzt. Knapp 10 Prozent für Bioenergien.

Um es im Sinne der Welthungerorganisationen auszudrücken: Unsere Schweine, Hühner und Puten fressen das Brot der Armen.

Für den Biomasseanbau brauchen wir klare Nachhaltigkeitskriterien und kein ungezügeltes Wachstum.

Dazu gehört ein naturverträglicher Anbau, der Biodiversität fördert, auf Gentechnik verzichtet und Monokulturen ausschließt.

Die gute fachliche Praxis greift viel zu kurz. Wir brauchen verbindliche Fruchtfolgen, Verzicht auf Kunstdünger und Pestizide und vielfältige Blühpflanzen zur Bioenergieproduktion.

Das wäre übrigens auch ein guter Beitrag gegen das Bienensterben, wenn etwa Sonnenblumen und Blühpflanzenmischungen vermehrt genutzt werden. Dazu gibt es schon viele positive Beispiele.

Der politische Rahmen muss dringend geändert werden.

Einige Boni im EEG führen zu Fehlsteuerungen und müssen geändert werden. Der unsinnige Nawaro-Bonus etwa muss durch einen Nachhaltigkeits- und Reststoffbonus ersetzt werden.

Die deutliche Anhebung des Nawaro-Bonus durch die Große Koalition 2009 hatte großen Einfluss auf die aktuelle Feh|entwicklung, ebenso die Anhebung der Beimischungspflicht von Biokraftstoffen in Autos, um die EU-Spritsparziele zu umgehen.

Bioenergien müssen nicht nur am Ende der Produktionskette wirklich bio sein. Eine Korrektur des ungezügelten und nicht nachhaltigen Booms der Bioenergien ist überfällig.

Aktionen wie heute brauchen eigentlich vor allem einen Konsens quer durch alle Parteien, weil wir alle wissen, wir graben uns das eigene Wasser ab, wenn wir unseren Rohstoffen nicht endlich die Aufmerksamkeit zukommen lassen, die ihnen gebührt!

Die Signale aus Landvolk, Kommunen und Umweltverbänden gehen da in die richtige Richtung. Die Einsicht wächst auf allen Seiten.

Für eine ideologiefreie Energiepolitik ist es aber auch wichtig, unsere Konsummuster und Lebensstile grundsätzlich zu überprüfen. So wie wir Ressourcen verbrauchen, Fleisch konsumieren und Flächen für Autobahnen zubetonieren, geht es nicht weiter.

Das Dogma des billigen, hoch subventionierten Fleischkonsums muss auch klimapolitisch ein Ende haben. oder um es anders auszudrücken: Die fetten .Jahre sind vorbei.

Denn "Einsparung zuerst"gilt auch bei Bioenergien. Die  Erzeugung von Bioenergien kann unseren verschwenderischen Umgang mit Energie nicht rechtfertigen und fortsetzen. Beim Klimaschutz müssen Energieeinsparung und Effizienz Vorranghaben vor der Substitution von Öl und Gas durch Bioenergien.

Zusammengefasst unsere Grüne Position: Ja zu Bioenergien, aber nur dann wenn sie ganzheitlich einen nachhaltigen und positiven Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten und zu mehr sozialer Gerechtigkeit beitragen.

Das ist momentan leider nicht überall cler Fall. Daher ist eine Korrektur der Bioenergieregeln überfällig!


Am Straßenrand: örtliche Gegendemonstranten


Fotos: Jochen Bölsche
www.oste.de



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