"Das Jahr an der Oste" 2011
- Thema meines Vortrags - unterscheidet sich grundlegend von den Jahren
an der Oste 2005, 2006, 2007 ff.: Es war um
ein Vielfaches ereignisreicher. Und dennoch
will ich versuchen, wie in meinen Vorträgen 2005, 2006, 2007 ff. mit
einer guten Viertelstunde auszukommen. Ich beschränke mich auf die
zehn wichtigsten Trends. - Dabei werden rund 100 Namen von Menschen fallen,
die alle etwas gemeinsam haben...
Trend
1: Fluss der Fähren
Unsere Oste hat sich 2011 weiter
als Fluss der Fähren profiliert, der Prahmfähren ebenso wie der
Schwebefähre Osten - Hemmoor, des Wahzeichens unserer Region. Unter
Federführung des Rendsburger Oberbürgermeisters Andreas Breitner
ist der Weltkulturerbe-Sammelantrag an
die Unesco mittlerweile auf den Weg gebracht
worden. Ein mögliches Hindernis, einen geplanten Windpark in der Nähe
der Schwebefähre, haben Ostener Kommunalpolitiker um Bürgermeister
Carsten Hubert mit Geschick beseitigt. Ebenfalls in Osten, bei einem Fährenfest,
umrahmt vom Hemmoorer Shantychor mit Rainer Kupke und Gerd Drewes, haben
wir das von Gisela Tiedemann verfasste und von uns herausgegebene Buch
über die Geschichte der Ostefähren
präsentiert.
In Oberndorf, an der Modellfähre
neben unserem Stördenkmal "Hein Stör", haben Aktive wie Bürgermeister
Detlef Horeis, Eddy Uhtenwoldt u. v. a. zur Erinnerung an die Fährtradition
an unserem Fluss eine Fährmann- und
eine Fährgast-Statue eingeweiht.
In Hechthausen hat Clemens von Marschalck vom Ferienpark Geesthof mit dem
"Püttenhüpper" eine weitere Ostefähre
vorgestellt. Im Schwebefährenverein
Osten - Hemmoor ist mit dem Übergang des Vorsitzes nach fast 37 Jahren
von Horst Ahlf auf Karl-Heinz Brinkmann und dessen Stellvertreter Lothar
Klüser der Generationswechsel geglückt, und inzwischen ist auch
die Dienstbereitschaft der Ostener Fährstuv
durch die Bewilligung einer Stelle des Bundesfreiwilligendienstes wieder
gesichert.
Trend
2: Fluss des Naturerbes
Seit längerem schon gilt
die Oste dank der unermüdlichen Arbeit von Artenschützern wie
Egon Boschen und Ernst Peters den Medien als "Deutschlands Lachsfluss Nummer
1". Dank Wolfgang Schütz und vieler Mitstreiter war nun auch 2011
ein historisches Jahr: Die erste Hälfte von 1000
jungen Stören aus dem Berliner Leibniz-Institut
für Gewässerökologie wurde am Oberndorfer Stördenkmal
in die Oste eingesetzt - was internationale Beachtung und ein bundesweites
Echo in der Anglerpresse fand. Im Raum Sittensen haben sich Wilhelm Meyer
vom Unterhaltungsverband Obere Oste, der Samtgemeinde-Bürgermeister
Stefan Tiemann u. v. a. für die Beseitigung
von künstlichen Wanderfischhindernissen
eingesetzt, wobei es gilt, den von Andreas Rathjens aus Groß Meckelsen
aufgezeigten Zielkonflikt mit dem Denkmalschutz nach Möglichkeit zu
lösen. Unterdessen hat sich die Arbeitsgemeinschaft
Wanderfische, eingebettet in Sportfischervereine
von der Oste mit insgesamt 7800 Mitgliedern, mit der AG Osteland zusammengetan.
Für den Herbst wird in Oberndorf und Osten von Wolfgang Schütz
und dem Landessportfischerverband ein landesweiter Stör-Aktionstag
der Sportfischer vorbereitet, der aufs Neue die Chance bietet, unseren
Fluss in den Blickpunkt der Öffentlichkeit zu rücken.
Trend
3: Fluss der Radwanderer
Die 2004 von uns eröffnete
Deutsche Fährstraße Bremervörde - Kiel, die mit Websites
in mehr als einem Dutzend Sprachen beworben wird, kann in diesem Frühjahr
ergänzt werden durch den 145 km langen "Oste-Radweg"
Tostedt - Balje, den Klaus Feldmann konzipiert
und den eine Gruppe erfahrener ADFC-Tourenexperten um Peter und Monika
Prüss, Willi und Irma Gerst u. a. erprobt hat. Bei Selsingen ist nach
einer Demonstration von rund 50 Ostefreunden um unseren Wanderführer
Albertus Lemke auf Betreiben von Bürgermeister Reinhard Aufdemkamp
und zur Freude der örtlichen Touristiker wie Ruud van Swelm eine marode
Ostebrücke repariert
und wieder freigegeben worden.
Die Samtgemeinde Lamstedt hat
am Drei-Kreise-Eck
bei Hollnseth eine Radler-Schutzhütte gebaut. Christian Schmidt hat
für den Verein zur Förderung von Naturerlebnissen im Kreis Stade
die neue Oste-Natur-Navi-Route Bremervörde
- Hechthausen konzipiert. Henning Kuhne
und seinen Heimatpfleger-Kollegen Dorothee Fetz, Ursula Schröder,
Günter Lunden und Frank Auf dem Felde ist die Eröffnung der Historischen
Ostedeichroute Osten - Belum zu verdanken,
mit Anschluss an die von uns konzipierte und von Michael Johnen, Horst
von Thaden u. v. a. erfolgreich betreute Niedersächsische
Milchstraße Nord rund um Hasenfleet.
In Osten konnte Bürgermeister Hubert eine Ostedeichpromenade
freigeben, im Kreis Rotenburg arbeiten Ostefreunde wie Stefan Tiemann,
Erika Jaschinski, Andreas Rathjens u. a. zurzeit an einem Kulturhistorischen
Wanderweg bei Sittensen mit Anschluss
an das geplante kreisweite Netz von Premium-Flachlandwanderwegen.
Trend
4: Erlebnisort Wasser
Der Osteland-Arbeitskreis Schiffahrt
und Gewässer, das "Blaue Netz Oste",
mit dessen Sprecher Bernd Jürgens hat sich mittlerweile fest etabliert,
einen Oste-Hafenführer erarbeitet und ihn mit Hilfe von Eddy Uhtenwoldt,
Albertus Lemke u. a. überall im Norden verbreitet. Er hat außerdem
dazu beigetragen, ein Jetski-Verbot
für die neue Landeswasserstraße zu erzielen. In Hemmoor hat
jetzt der für die Oste zuständige NLWKN unter maßgeblicher
Beteiligung von Martin Kogge einen neuen Betriebshof eingeweiht. In Großenwörden
konnte Bürgermeister Bernhard Witt einen neuen
Anleger für Schiffe wie die "Mocambo"
von Caspar Bingemer und Eibe von Glasow einweihen.
Dort sind Wasserfreunde um Rainer
Wassermann, Jens Lüneberg und Ewald Romund sowie Heinz Böckmann
und Brigitte Sawatzki dabei, eine neue
Wassersportgruppe zu gründen. Hemmoor
ist für die beste Taucherbasis
der deutschspachigen Länder ausgezeichnet worden, Simone Martens u.
a. treiben dort ein Taucherhotelprojekt
voran und Kommunalpolitiker wie Hans Wilhelm Saul die Anlage eines Wanderwegs
um den Kreidesee. Wassersportler wie Werner Breves, Bert und Marlene Frisch,
Uwe Mählmann, Jürgen Hinck, Niels Dehde, Dr. Manfred Toborg u.v.a.
haben auch 2011 mit Regatten,
Geschwaderfahrten, Vorträgen und sonstigen Veranstaltungen immer wieder
breites Interesse für die Oste geweckt.
Trend
5: Der (un)bekannte Fluss
Die einstmals weitgehend unbekannte
Oste gewinnt zunehmend an Bekanntheit. Fernsehberichte
(nordstory, Nordseereport usw.), erstellt mit Hilfe von Aktiven wie Albertus
Lemke, Caspar Bingemer oder Hermann Tödter, sowie Hörfunkreportagen
haben starke Resonanz erzielt, ebenso wie der "Tag der Oste" 2011, das
seit fünf Jahren erscheinende "Osteland-Magazin"
der Heimatzeitungen und die Veröffentlichungen von Fotokünstlern
wie Gundula Gäntgen und Nikolaus Ruhl. Die Touristiker
im Osteland - jetzt auch mit einer von Manuela Köster betreuten neuen
Tourist-Info im Bahnhof Hemmoor - verfügen
über zunehmend professionell gestaltete Werbematerialien und Websites.
Besonders positiv stechen auch
die Bemühungen der Wingst-Touristiker
wie Dr. Rüdiger Wandrey und Michael Johnen hervor. Bekannte
Künstler
- Thees Uhlmann, "Liederjan", "Kaktusblüte", "Rollo333" u. a. - besingen
immer häufiger die Oste, die außer auf unseren Websites
jetzt nahezu täglich auch auf diversen Osteland-Accounts von Facebook
und Twitter vertreten ist.
Trend
6: Fluss der Literatur
Auch 2011 ist die Region Osteland
- Kehdingen ihrem Ruf gerecht geworden, das "Krimi-Mekka"
im Norden zu sein. Mit neuen
Büchern von Wolfgang Röhl, Wilfried
Eggers, Thomas B. Morgenstern und Axel Roschen nähert sich die Zahl
der Krimis, die hier spielen oder hier geschrieben worden sind, der 50er
Grenze; hinzu kommen Krimierzählungen
in Sammelbänden wie "Mord im Moorexpress" aus dem Fischerhuder Verlag
von Wolf Dietmar Stock. Das Osteland-Projekt Krimiland
Kehdingen-Oste um Renate Bölsche,
Gerd und Gisela Bertholdt u. a. hat die vier neuesten Romane in fünf
Veranstaltungen in der Nähe der fiktiven
Schauplätze in Oberndorf, Hasenfleet, Hüll und Kleinwörden
vorgestellt. Der Verein Kultur auf dem Lande um Hartmut Behrens, Fred Dobrinkat
u. a. hat sogar eine Krimikomödie
auf die Bühne gebracht. Und auch das Fernsehen hat wieder über
das Krimiland berichtet, das letztes Jahr übrigens Thema einer Forschungsarbeit
war, die an der Uni Mainz entstanden ist.
Trend
7: Wir an der Oste
Das "Ostebewußtsein",
das Gemeinschaftsgefühl der Anrainer der Oste von der Quelle bis zur
Mündung, wächst. Im Zuge der von Albertus Lemke angeregten Aktion
"Wir an der Oste"
besuchen Vereine, Schulklassen und Betriebe vom Oberlauf vermehrt Ausflugsziele
am Unterlauf - und umgekehrt. Gästeführerinnen
von der Oberen Oste wie Elisabeth Schwanholt, Erika Jaschinski und andere
machen sich verstärkt kundig über die Untere Oste; am 11. April
wird Osten auf unsere Einladung hin sogar Tagungsort von Gästeführerinnen
und Gästeführern aus dem Kreis Rotenburg sein. Die AG Osteland
wird nach den Samtgemeinden Dobrock und Selsingen 2010/2011 nun für
2012/13 die Samtgemeinden Hemmoor und Sittensen gezielt als Destinationen
für den von uns gewünschten "Binnentourismus"
an der Oste propagieren. Darüber hinaus haben Dutzende von Vorträgen
des Fotokünstlers Hermann Tödter mit Motiven aus der gesamten
Flussregion auch im vorigen Jahr das Zusammengehörigkeitsgefühl
im Osteland gestärkt. "Osteland" ist übrigens eine von uns 2003
kreierte und seither beharrlich verwendete Bezeichnung für das bis
dahin namenlose Zentrum des Elbe-Weser-Dreiecks. Der Begriff Osteland findet
nun zunehmend Verwendung, zum Beispiel für ein Gesundheitszentrum,
ein Ferienhaus, eine Hundezucht, eine Druckfirma, einen Gartenservice.
Das Wort "Osteland" ist mithin auf dem besten Wege, zum allgemein akzeptierten
neuen geografischen Terminus und zur touristischen
"Marke" zu werden.
Trend
8: Fluss des Bürgersinns
Der Gemeinsinn der Bürger
entlang der Oste trägt immer häufiger dazu bei, Erhaltenswertes
zu bewahren und Fehlentwicklungen entgegenzuwirken. Über 350 Persönlichkeiten,
darunter 15 Bürgermeister, haben unseren gemeinsam mit Maike von Zedlitz,
Rainer Leive und anderen erarbeiteten "Baljer Appell" zur nachhaltigen
Sicherung des Natureums Niederelbe
unterzeichnet, das unter der Leitung von Dr. Clivia Haese nach neuen Wegen
zur Attraktivitätssteigerung sucht. Am Oberlauf ist es dem 20-jährigen
Kampf von geschichtsbewussten Bürgern um Dr. Klaus Volland zu verdanken,
dass das lange Zeit verschwiegene Lager Sandbostel
im kommenden Jahr eine würdige Gedenkstätte erhalten wird. Ohne
die Aktivitäten etwa von Eckart Klitzing, dem Ehepaar Gebhardt und
Bürgermeister Hermann Bösch wären die Rettung
des Alten Baljer Leuchtturms (und seit
2011 auch dessen Nutzung) nicht durchgesetzt worden, ohne den Kreis um
Dr. Manfred Toborg, Dr. Edda Renelt und Sabine Auf dem Felde nicht die
Erhaltung der über hundertjährigen Ostener
Kornmühle und deren Nutzung als lebendiges
Kulturzentrum, ohne Günther Ropers u. a. nicht das kulturelle Aufblühen
der Museumsziegelei Bevern,
ohne Gerhard Klotz und viele Mitstreiter nicht die Rettung des Wingster
Waldmuseums, ohne die Oberndorfer "Filmdiven"
um Barbara Schubert nicht der Weiterbetrieb des Mobilen
Kinos, ohne Menschen wie Herbert Bruns
und Jörg Petersen nicht die Erhaltung des Freiburger
Hafenspeichers...
...ohne Helmut Hudaff und seine
Unterstützer und ohne das Entgegenkommen der Deichverantwortlichen
um Hans Wilhelm Saul nicht die Rettung der Broberger
Prahmfähre und des dortigen Fährkrugs.
Und ohne die Bürger in Selsingen stünden die Aussichten weniger
gut, die dort im Einzugsbereich der Oste geplante große Deponie
bei Selsingen zu verhindern - allesamt
Beispiele für eine bei uns noch lebendige Zivilgesellschaft.
Trend
9: Fluss der erneuerbaren Energien
Erneuerbare Energien,
mit Augenmaß und an den richtigen Standorten eingesetzt, eröffnen
Zukunftsperspektiven auch für das Osteland. Sofern Windparks
nicht gerade -wie auf dieser Fotomontage von Nikolaus Ruhl - mit einer
benachbarten potenziellen Weltkulturerbestätte kollidieren (wie es
in Osten der Fall wäre) und sofern der Anbau von Energiemais
nicht einen Großteil der landwirtschaftlichen Ertragsfläche
in eine Agrarsteppe verwandelt (wie es im Kreis Rotenburg zugelassen worden
ist), solange bieten erneuerbare Energien einen Ausweg aus der Sackgasse
der fossilen und atomaren Energieerzeugung. Erfreulich viel Widerhall finden
die Initiativen von Jägern und Naturfreunden wie Gerhard Klotz für
die Anlage von Blühstreifen,
von Umweltschützern wie Uwe Baumert für eine Limitierung
der Energiemaisproduktion sowie von tatkräftigen
Solarkraft-Förderern wie Horst von Thaden, Claus Lemke und Matthias
Holl, den Vorstandsmitgliedern der neuen
Oberndorfer Energiegenossenschaft, die
vier Wochen nach ihrer Gründung bereits drei Anlagen installiert hat.
Währenddessen suchen in Oldendorf und anderswo Bürgerbus-Initiativen
mit Akteuren wie Peter Wortmann nach neuen Lösungen für den Nahverkehr
in der Fläche.
Trend
10: Oste - der gezähmte Fluss
50 Jahre nach der verheerenden
Februarflut des Jahres 1962 wächst am Fluss erneut das Verständnis
für die Bedeutung des Hochwasserschutzes.
Die Öffentlichkeitsarbeit der Deichverbände sowie der Sprecher
des Regionalen Bündnisses gegen die Elbvertiefung, Walter Rademacher
und Georg Ramm, und schließlich die Forschungsarbeit von Professor
Fischer haben dazu beigetragen, die Notwendigkeit von Küsten- und
Hochwasserschutz im Osteland erneut ins Bewußtsein zu rufen. Erst
am vorigen Wochende hat Eddy Uhtenwoldt in Oberndorf mit Hilfe von Günther
Behrens und anderen ein Sturmflut-Mahnmal
errichtet. Und nächste Woche erscheint,
herausgegeben vom Heimatverein Geversdorf um Günter Lunden, Hille
Born und Renate Schnabel und mit Hilfe von Elke Loewe ein Buch
mit Bilddokumenten und Berichten hiesiger
Augenzeugen der Sturmflut 1962.
Dieser 8. Tag der Oste bildet
zugleich den Auftakt zu einer Reihe von Gedenkveranstaltungen
zur 50. Wiederkehr der großen Flut. Die heute vorgestellte, von Walter
Rademacher mit Hilfe vieler Heimatfreunde zusammengestellte Sturmflut-Ausstellung
geht anschließend in erweiterter Form auf Wanderschaft, erst zur
offiziellen Eröffnung am kommenden Wochenende ins Natureum nach Balje,
dann weiter in die Kulturdiele nach Hemmoor und später in den Kornspeicher
nach Nieder Ochtenhausen.
Die von mir in diesem Vortrag
erwähnten über 100 Menschen, die mit ihren Aktivitäten 2011
unsere Region so sehr bereichert haben, sind übrigens bis auf vier,
fünf Ausnahmen Mitglied der AG Osteland, die inzwischen mehr
als 460 Mitstreiter umfasst.Wir hoffen,
bis zum nächsten Tag der Oste die magische 500er Grenze überschritten
zu haben. |