Zurück in die Steinzeit?

Ein Leserbrief von Sigrid Bayer, Osten

Einst kamen Bauern und Siedler, rodeten die Wälder oder machten die Marschen bewohnbar, indem sie entwässerten und Deiche bauten, manche besiedelten das Moor unter widrigsten Bedingungen...

Sie machten das Land urbar und bauten Getreide, Obst, Gemüse, Futtermittel an und zogen Tiere groß, deren Fleisch und Produkte verhinderten, dass sie verhungerten. Die Handwerker sorgten dafür, dass durch ihre Arbeit diese Aufgaben leichter wurden. Von all dem haben die Städte seit Jahrhunderten immer profitiert! Das Land ist die Wiege der Stadt!!!

Es ist zwar lange her, aber zuerst war die Siedlung und das urbar machen des Landes, ehe sich Städte bildeten.
Jetzt aber braucht die Stadt das Land nicht mehr - heute wird alles importiert, von der Kleidung bis zur Nahrung, möglichst billig, im Extremfall von Kindern in Zweit- und Dritteweltländern erzeugt. Im Gegenzug bietet man Maschinen, Autos, Technik...

Was ist die Stadt ohne das Land? Die Milch kommt nicht aus den Steckdosen und das Fleisch wächst nicht im Keller, und auch Eier, Gemüse, Obst auf dem Wochenmarkt oder im Supermarkt kommen weder aus der Gas- noch aus der Wasserleitung. Maschinen und Computer können wir nicht essen; Lärm, Stress und Hektik der Stadt machen die Menschen krank; Wohnraumnot treibt die Preise hoch.... wann werden wir endlich begreifen, dass man Geld nicht essen und Gesundheit nicht kaufen kann????
 
Die Wertschätzung für die Stadt wird von der Politik überhöht! Die Menschen auf dem Land sollen verarmen? Selber schuld, sie könnten ja in die Stadt ziehen? Wir sollen uns an Armut gewöhnen, während die Stadt immer mehr auch unsere Ressourcen verbrät (s. Elbphilharmonie u.ä.)?
 
Hat denn eigentlich noch nie jemand gefragt, warum wir überhaupt diese komische Demografieentwicklung haben?

Wir jammern über die hohen Kosten von Kita, Hort und Ganztagsschulen, über die Pflege der überalternden Gesellschaft - aber wir haben uns nie gefragt, wer hat denn diese Arbeit früher gemacht - für lau!
Wir treiben ein Rollenbild der Familie voran, deren Realisierung die Gesellschaft nicht finanzieren kann oder will! Die Wertschätzung einer Familie ist viel geringer als der Aktienkurs! Kinder sind zum Armutsfaktor geworden! Kinder sind lärmende Störenfriede - Beispiele von erfolgreichen Klagen gibt es genug! Kinder will diese Gesellschaft nicht, gleichzeitig klagt sie über den Fachkräftemangel - Fachkräfte waren auch mal Kinder!
 
Das ganze Thema ist eine Frage der Prioritäten und Wertschätzuing dieser Gesellschaft und der Arbeit ihrer Mitglieder.

Solange Banker eine Weltfinanzkrise durch ihre Zockerei und Gier verursachen, deren Folgen sozialisiert werden und nach fünf Jahren noch die Staaten belastet, solange wird auch die Stadt einen höheren Wert haben als das Land!

Doch wir sitzen alle in einem Boot, die Städter mit den Leuten vom Land!

Lösungen können wir nur gemeinsam finden, gegenseitige Wertschätzung vorausgesetzt. Einer braucht den anderen, sonst geht es nicht vorwärts und nun meinen die Städter, die paar Land-Leutchen könnten auch noch in die Stadt ziehen, dann spart man Infrastruktur... wer mäht die Wiesen, bestellt die Äcker, pflegt die Wälder und sorgt dafür, dass die Landschaft einen Charakter hat, sodass der Städter in dieser Landschaft sich erholen kann, seinen Wochenendsitz nutzt? Soll jetzt alles verwildern? Zurück zur Steinzeit und in die Höhlen? Der Erde macht das nichts aus, im Gegenteil, sie braucht den Menschen nicht, sie ist ohne Mensch 4 Mrd. Jahre gut klar gekommen...

Hauptsache es kann weiter gezockt werden - man hat ja seine Lobbyisten in der Politik... Aber wo haben Kinder und Familie ihre Lobby?
Und nicht nur das: wir sind so frech und machen immer mehr Schulden auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder! Das ist doch krank im Kopf!
Wer erkennt, wie schwierig es für junge Leute heute ist, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen? Wer dankt jungen Leuten, dass sie trotz allem auf dem Land wohnen bleiben, unterstützt und ermutigt sie? Eigentlich sind Kinder die kostbarste Ressource einer Gesellschaft - in der Beziehung sind wir Meilen entfernt von einer Solidargemeinschaft!