Der Fluss der Fähren, als den
Gisela Tiedemann die Oste in diesem Buch porträtiert, ist alles andere
als ein Thema von gestern und vorgestern. Im Gegenteil: Welche wirtschaftliche
Zukunft dem Osteland beschieden sein wird, hängt ein Stück weit
auch davon ab, wie die Verantwortlichen mit der Fährgeschichte des
Flusses und deren Relikten umgehen.
Auf der Prahmfähre in Gräpel eröffnete die Arbeitsgemeinschaft Osteland e. V.im Mai 2004 die Deutsche Fährstraße Bremervörde–Kiel, das Rückgrat des Tourismus an der Oste.
Schiffsanleger
an der Blauen Route der Deutschen Fährstraße in Osten.
In der Vereinssatzung wurde an exponierter
Stelle das Vorhaben verankert, an der Tideoste neben einem „Fährmuseum“
eine „Deutsche Fährstraße“ zu etablieren. Mittlerweile findet
die – binnen weniger Monate realisierte – „Fährienstraße“ national
und international Beachtung und Anerkennung: Das mdr-Publikum rückte
sie bei einer Umfrage nach „Deutschlands Traumstraßen“ auf den zweiten
Platz. Die Deutsche Zentrale für Tourismus bewirbt die Themenroute
in zehn Weltsprachen. Mehrmals
allerdings drohten dem Fährstraßen-Projekt in den letzten Jahren
schwere Rückschläge. Eine notwendige Instandsetzung des überragenden
Wahrzeichens der Route, der jahrelang stillgelegten Schwebefähre Osten
- Hemmoor, schien lange Zeit an der Unfähigkeit des Landkreises Cuxhaven
zu scheitern, die notwendigen Mittel für die Reparatur des kreiseigenen
Baudenkmals zu beschaffen.
. Die Ostener
Schwebefähre, 1909 eröffnet, schien um die
Um eine Kursänderung durchzusetzen,
bedurfte es erst breiter öffentlicher Proteste - bis hin zum Engagement
des Ehrenpräsidenten des Weltverbandes der Schwebefähren, des
spanischen Königs Juan Carlos I., der sich medienwirksam für
die Erhaltung aller acht noch existierenden Fährbrücken in Spanien,
Großbritannien, Frankreich, Deutschland und Argentinien einsetzte.
Jahrtausendwende von ihrem Eigentümer, dem Landkreis Cuxhaven, dem Verfall preisgegeben worden zu sein – bis breiter Bürgerprotest die Renovierung des Baudenkmals erzwang. . Unterstützung erhielten die Fährfreunde von der Oste 2003 vom spanischen König Juan Carlos I., dem Schirmherrn des Weltverbandes der Schwebefähren. . Die drohende Flutung der Fährstelle in Brobergen konnte durch den Protest von Heimatfreunden abgewendet werden. . . An die Fährtradition
der Oste erinnert auch eine Kinderfähre
Ebenso wie der im Verlag Atelier im Bauernhaus bereits 2009 erschienene Band „Hol över“ von Grit Klempow ist das Buch von Gisela Tiedemann-Wingst geeignet, das neu erwachte Interesse an der Fährgeschichte des Flusses zu stillen. (Beide Autorinnen übrigens sind, wie auch ihr Verleger Wolf-Dietmar Stock, für ihre Verdienste um die Region von der AG Osteland mit dem Oste-Kulturpreis „Der Goldene Hecht“ ausgezeichnet worden.) Prahmfähre in Gräpel - eine Touristenattraktion . Die Gemeinde Oberndorf hat an der Deichlücke vor der Kirche ein 1:2-Modell der einstigen Prahmfähre aufstellen lassen, flankiert von zwei Figuren, die das Bildhauer-Ehepaar Dieter Holst und Sigrid Naujoks aus Nordholz geschaffen hat: einen Fährmann in traditioneller Tracht und den wohl berühmtesten Oberndorfer Fährpassagier, den Deutschlandlied-Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben. Die Standbilder eines Fährmanns und des Fährgasts Hoffmann von Fallersleben schmücken seit April 2011 die einstige Fährstelle an der Kirche in Oberndorf. . Nach der Renovierung im Jahre 2010 wurde die Motorfähre von der Fährenbuch-Autorin Grit Klempow auf den Namen „Helmut Hudaff“ getauft – nach jenem Broberger Kommunalpolitiker, der beharrlich für die Erhaltung des historischen Gefährts gekämpft hat. . Vor allem aber waren der Fluss und seine Fähren zentrales Thema des „Jahres der Oste“, das die Arbeitsgemeinschaft Osteland zum 100-jährigen Bestehen der Schwebefähre 2009 ausgerufen hatte und das mit über 400 Veranstaltungen begangen wurde. Dazu zählten Gottesdienste und Konzerte an den Fährstellen, Rallyes, Regatten und Turniere an der „Fährienstraße“, die Einweihung einer musealen „Fährstuv“ in Osten sowie einer Internationalen Schwebefähren-Infomeile am Fährweg im Hemmoorer Ortsteil Basbeck. An der Fährstraße im Hemmoorer Stadtteil Basbeck informieren seit 2009 acht türgroße Tafeln über die acht noch existierenden Schwebefähren in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Spanien und Argentinien, die gemeinsam den Weltkulturerbe-Titel der Unesco beantragen wollen. . Zum 100-jährigen Bestehen im Herbst 2009, im „Jahr der Oste“, wurde die Schwebefähre, mittlerweile restauriert, von der Bundesingenieurkammer mit dem nur selten vergebenen Titel „Historisches Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst“ ausgezeichnet. . Weltkonferenz der Schwebefähren 2009 in Osten . Selbst aus Japan reisen Touristiker an, um die Themenroute zu inspizieren, die von der Oste bis zur Ostsee führt und fünfzig maritime Sehenswürdigkeiten verbindet. . Schon lange bevor Gisela Tiedemann-Wingst gemeinsam mit dem Niederstricher Heimatforscher August Heinrich von Brook für den Heimatbund ‚Männer vom Morgenstern‘ das Buch ‚Die Oste‘ herausgegeben hat, hat sie Dutzende von Beiträgen für Sonderseiten der Lokalpresse, für Jahrbücher und Heimatkalender verfasst. Erinnerungsstück im Heimatmuseum Geversdorf/Oste. . Werbetafel für die Deutsche Fährstraße Bremervörde - Kiel . Bölsche, Jahrgang 1945, langjähriger
SPIEGEL-Redakteur, war Mitbegründer des Weltverbandes der Schwebefähren
sowie der Arbeitsgemeinschaft Osteland, als deren 2. Vorsitzender er 2003
die Deutsche Fährstraße konzipiert hat. Heute ist er 1. Vorsitzender
der AG Osteland.
|