Das Kehdinger Moor
und die Scheidung

Die historische "Scheidung" ist am leichtesten zu finden, wenn man, von Hüll/Gehrden kommend, einige hundert Meter hinter dem urigen Gasthaus von Wilfried Bartels ("Winnetou") ...

... der Straße Richtung Dornbusch folgt und dann links in die Scheidung einbiegt.

Der Weg - wie ein grüner Tunnel - führt durch eine verwunschene Gegend ...

... in der heute Grünland vorherrscht, wie dieser Ausschnitt aus einer modernen topographischen Karte zeigt, ...

... wo sich aber noch vor hundert Jahren das  riesige Kehdinger Moor ausbreitete.

Die Scheidung führt zunächst bis zum Torfwerk an der B 495. Streckenweise trägt sie die Schienen einer stillgelegten Feldbahn. 

Die Scheidung zieht sich als Wasserscheide  durch das gesamte Kehdinger Hochmoor, das sich vor 250 Jahren (siehe Karte oben aus dem Jahre 1769) nahezu unberührt über eine Länge von 22 Kilometern und mit einer Breite von bis zu fünf Kilometern erstreckte - in etwa von Stade bis zur Ostener Sietwende an der Grenze nach Oederquart. 

Heute finden sich in Kehdingen, nach einem Vierteljahrtausend Moorkultivierung, nur noch winzige - um so schützenswertere - Hochmoorreste, von Ökologen so genannte "Heile-Haut-Flächen" (siehe Karte unten).

Dass die Scheidung nicht nur, von Ausnahmen abgesehen, die Wasserscheide zwischen Oste und Elbe markiert, sondern auch (zum Teil bis auf den heutigen Tag) auch eine politische Grenze, an der zeitweise Wegezoll erhoben wurde, zeigt eine alte Tafel mit der "Weggeld Taxee" im Gasthaus Bartels, dem idealen Ausgangs- oder Endpunkt für Spaziergänge auf der Scheidung.

Die Scheidung legt übrigens auch Zeugnis ab über ein Jahrhunderte währendes Ringen zwischen ökologischer Vernunft und Unvernunft. 

Die Altvorderen wussten, dass der Hochmoor-Wall, der bis zu 7 Metern über Normal Null lag, ein idealer Schutz vor dem Elbe- bzw. Oste-Hochwasser war. 

Als der natürliche Schutzwall zwischen Kehdinger Marsch und Ostemarsch mehr und mehr durch den Torfabbau angeknabbert zu werden drohte, legte die Königlich Hannoversche Regierung 1789 eine "Landmark" (später auch Schutzwehr oder Landwehr genannt) durch das gesamte Kehdinger Moor fest, die etwa 140 Meter breit sein sollte und nicht abgetorft werden durfte. 

Doch viele Jahrzehnte lang widersetzten sich die Anlieger den Auflagen, nicht zuletzt im Raum Dornbusch - Hüll. Dort war das Kehdinger Moor ohnehin gerade mal zwei Kilometer breit, entsprechend  gefährdet war der natürliche Hochwasserschutz. Trotzdem wurde der ursprünglich geplante breite Schutzwall an der heutigen Ostener Ostgrenze auf einen 12 Meter breiten Grenzweg reduziert.

Bei der letzten Hochwasserkatastrophe fand das "fremde Wasser" der Elbe in dieser Gegend seinen Weg bis nach Hüll; eindrucksvolle Fotos vom Ausmaß der Überflutungen hängen ebenfalls in "Winnetous" Kneipe.

Ein ausführlicher Artikel über die Geschichte der "Grenze - Scheidung - Landwehr - Landmark" von Richard Toborg steht in der Ausgabe 2002 des "Allgemeinen Haushaltungskalenders", erhältlich für 6 Euro beim Zeitungsverlag Krause in Stade, Tel. 04141 - 9360.

www.osten-oste.de